Wer sich auf der Internetseite von Newkee über die Sonnencreme der Kosmetikmarke informieren will, dem lächelt Manuel Neuer entgegen. Der Torwart von Bayern München und Ex-Kapitän der Nationalmannschaft ist nicht nur das Gesicht von Newkee, sondern auch Miteigentümer und Aufsichtsrat der Deutschen Kosmetikwerke AG, dem Unternehmen hinter der Marke.
Unter einem Foto, auf dem neben Neuer auch die Ex-Tennisspielerin Angelique Kerber zu sehen ist, heißt es, Newkee setze „auf besonders hautverträgliche Pflegeformeln mit natürlichen Inhaltsstoffen, die nur das enthalten, was wirklich nötig ist und deiner Haut nachweislich guttut“. Klingt gut, aber ganz ähnliche Werbeversprechen bringen Neuer und der Deutsche Kosmetikwerke AG gerade viel Ärger ein.
Denn vor wenigen Wochen hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) das Unternehmen auf Unterlassung verklagt. „Wir haben eine Beschwerde über die Werbung für die Produkte der Marke Newkee erhalten und das Unternehmen Deutsche Kosmetikwerke AG deshalb abgemahnt“, bestätigt eine Sprecherin des VZBV.
„Die Produkte werden damit beworben, dass sie ,klimaneutral‘ seien und erwecken aus unserer Sicht den Eindruck, dass sie lediglich aus ,natürlichen Inhaltsstoffen‘ bestehen würden. Das ist nach unserer Überzeugung irreführend.“
Konkret geht es um die Formulierungen „Zuverlässiger Sonnenschutz kombiniert mit natürlicher Kosmetik“ und „Natürliche Pflege ohne Kompromisse“. Weil das Unternehmen die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgeben wollte, habe der VZBV Klage beim Landgericht Marburg eingereicht.
Auch das Gericht bestätigt WELT AM SONNTAG, dass unter dem Aktenzeichen 1 O 243/24 ein Verfahren des VZBV gegen die Deutsche Kosmetikwerke AG anhängig ist, in dem es um die umstrittenen Werbeaussagen geht.
Frist zur Klageerwiderung läuft noch
Das Unternehmen habe dem Gericht angezeigt, dass es sich gegen die Vorwürfe verteidigen will, derzeit läuft noch die Frist zur Klageerwiderung, teilt ein Sprecher des Gerichts mit. Man könne wegen des „frühen Verfahrensstadiums“ keine Angaben dazu machen, wann mit einer Verhandlung oder Entscheidung zu rechnen ist.
Dass mit Manuel Neuer ein Sportler für die Marke wirbt, habe nichts damit zu tun, dass die Verbraucherzentralen gegen die Deutsche Kosmetikwerke AG vorgehen. „Prominente Werbefiguren spielen bei unserer Entscheidung, bei welchen Firmen und Produkten wir aktiv werden, grundsätzlich keine Rolle“, sagt die VZBV-Sprecherin. „Allerdings ist die Breitenwirkung bei Werbung mit Prominenten größer, sodass potenziell mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre geführt werden können.“
Manuel Neuer schweigt zu den von den Verbraucherschützern erhobenen Vorwürfen. „Ihr richtiger Ansprechpartner ist aber die Gesellschaft, die sich sicher gerne dazu äußern wird“, teilt sein Sprecher mit. „Manuel Neuer wird dies nicht tun. Wir bitten um Verständnis.“ Doch die Gesellschaft, also die Deutsche Kosmetikwerke AG, beantwortet Fragen von WELT AM SONNTAG ebenfalls nicht.
Stattdessen lässt sie eine Anwaltskanzlei ein „presserechtliches Informationsschreiben“ verschicken, in dem mit juristischen Konsequenzen für den Fall einer Berichterstattung gedroht wird. „Zudem sind die rechtlichen Bewertungen des Verbraucherzentrale Bundesverbands unzutreffend, wie die gerichtliche Auseinandersetzung zeigen wird“, heißt es in dem Schreiben.
Die Klage der Verbraucherschützer ist nicht das einzige Thema, mit dem sich Manuel Neuer wegen seiner Rolle bei der Deutsche Kosmetikwerke AG beschäftigen muss. Ein wichtiger Aktionär griff den Torwart bei der letzten Hauptversammlung des Unternehmens Anfang November an und beantragte, Neuer als Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.
Vorwurf des Interessenkonflikts
„Herr Neuer war zeitgleich im abgelaufenen Geschäftsjahr mit seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft auch ,Werbegesicht‘ für die Produkte der Gesellschaft“, heißt es in dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Gegenantrag. „Als Aufsichtsratsmitglied konnte Herr Neuer damit aufgrund seiner Selbstbetroffenheit die Werbungskosten des Unternehmens nicht objektiv kritisch kontrollieren.“ Der Miteigentümer wirft dem Torwart also einen Interessenkonflikt vor.
Neuer will sich auch zu diesem Vorgang nicht äußern. Aus dem Schreiben der Anwälte der Deutschen Kosmetikwerke AG geht hervor, dass der Torwart nicht persönlich bei der Hauptversammlung anwesend gewesen sei. Das sei „ausschließlich auf anderweitige Verpflichtungen zurückzuführen“. „Es besteht auch keinerlei Anlass für die Annahme eines Interessenkonfliktes im Hinblick auf seine Tätigkeit für unsere Mandantin“, heißt es in dem Anwaltsschreiben.
Neuer gehört über seine Investmentfirma MN Business GmbH zu den Mitgründern der Deutsche Kosmetikwerke AG. Ende 2021 hatte die MN Business GmbH bei der Gründung ein Drittel der Geschäftsanteile der Deutsche Kosmetikwerke AG übernommen und dafür 150.000 Euro eingezahlt.
Bei einer späteren Kapitalerhöhung im Jahr 2022 investierte Neuers Firma laut Handelsregister noch einmal 200.002 Euro. An weiteren Kapitalerhöhungen beteiligte sich die MN Business GmbH hingegen offenbar nicht mehr.
Ungewöhnlich ist auch das vorzeitige Ausscheiden von zwei der drei Aufsichtsräte der Deutschen Kosmetikwerke AG. Als die Firma gegründet wurde, zogen Neuer, die Unternehmerin Anna Sophia Claas aus der Landmaschinendynastie Claas und ein Manager des Mitgründers Paedi Protect in das Kontrollgremium ein. Claas und der Manager haben nun vorzeitig ihre Ämter niedergelegt, heißt es in der Einladung zur Hauptversammlung. Claas sei beruflich im Ausland engagiert, heißt es aus ihrem Umfeld. Damit bleibt nur noch Neuer als Gründungs-Aufsichtsrat übrig.
Philipp Vetter ist Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er berichtet über das Bundeswirtschaftsministerium, Wirtschaftspolitik, Energiepolitik, Verkehrspolitik, Mobilität und die Deutsche Bahn. Seinen exklusiven WELTplus-Newsletter können Sie hier abonnieren. Er ist seit 2021 Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.