Anteil ukrainischer Erwerbstätiger hat sich seit 2022 verdoppelt

Die Erwerbstätigenquote unter den rund 1,1 Millionen ukrainischen Geflüchteten in Deutschland hat sich seit Sommer 2022 fast verdoppelt. Während damals 16 Prozent der Schutzsuchenden einer Arbeit nachgingen, lag die Quote im Frühjahr 2024 bei 30 Prozent. Dies geht aus einer Befragung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hervor.

Demnach stehen trotz des Anstiegs weiterhin viele Geflüchtete aus dem von Russland angegriffenen Land vor großen Herausforderungen. Ein Drittel der Befragten sucht laut der Befragung aktiv nach Arbeit, wobei mangelnde Kinderbetreuung vor allem für Frauen eine Hürde darstellt. Mütter mit kleinen Kindern sind nur zu 22 Prozent erwerbstätig, bei schulpflichtigen Kindern liegt der Anteil bei 32 Prozent. Ukrainische Väter gehen hingegen zu 41 Prozent einer Arbeit nach.

Das unzureichende Betreuungsangebot für Kinder stellt insbesondere deswegen ein Problem dar, weil die Mehrheit der Schutzsuchenden aus der Ukraine Frauen sind: Zum Zeitpunkt der Erhebung waren 84 Prozent der Geflüchteten weiblich. Davon leben 28 Prozent als alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern in Deutschland, da viele ukrainische Männer im Kriegseinsatz sind.

Fehlende Deutschkenntnisse Hauptgrund für Arbeitslosigkeit

Fehlende Deutschkenntnisse sind der Studie zufolge der Hauptgrund für Arbeitslosigkeit unter ukrainischen Geflüchteten: 92 Prozent der nicht arbeitenden Schutzsuchenden gaben laut BiB an, noch nicht ausreichend Deutsch zu sprechen oder zurzeit einen Deutschkurs zu besuchen. „Die
Ergebnisse verdeutlichen den großen Weiterbildungsbedarf, insbesondere im Bereich der Sprachkenntnisse“, sagte Katharina Spieß, Direktorin des BiB und
Mitautorin der Studie. Eine gezielte Förderung sei weiterhin nötig, um eine stärkere
Teilhabe am Arbeitsmarkt zu erreichen.

Rund die Hälfte der ukrainischen Geflüchteten bringt der Erhebung zufolge Berufserfahrung aus sogenannten Engpassberufen wie Pflege, Gesundheit oder Handwerk mit. „Diese Tätigkeiten sind in Deutschland bereits heute durch
einen Mangel an Fachkräften gekennzeichnet“, sagte Andreas Ette, Leiter der Forschungsgruppe. Dennoch sei nur ein geringer Teil der Betroffenen in diesen Berufen tätig. Grund dafür seien sehr hohe Sprachanforderungen und komplizierte Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse.  

Zehn Prozent der Geflüchteten bewerten ihren Gesundheitszustand als schlecht

Die Gesundheit der Befragten beziehungsweise ihr Alter werden von 32 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainern als ein weiterer Grund für die Arbeitslosigkeit genannt. Traumatische Erlebnisse und Sorgen um Familienmitglieder in der Ukraine sind erhebliche Faktoren. Zehn Prozent der Befragten beschrieben ihren Gesundheitszustand als schlecht. Unter den 55- bis 65-Jährigen, die etwa ein Siebtel der Schutzsuchenden ausmachen, lag dieser Anteil mit 18 Prozent beinahe doppelt so hoch.

Den Studienautoren zufolge ist es notwendig, die Potenziale der Ukrainerinnen und Ukrainer für den deutschen Arbeitsmarkt besser zu nutzen. Diese hätten ein im Durchschnitt hohes Bildungsniveau und wichtige berufliche Qualifikationen. „Eine höhere Erwerbstätigenquote unter den Schutzsuchenden ist nicht nur für die Lebensperspektive dieser Menschen wichtig, sondern hat angesichts des fortschreitenden Fachkräftemangels auch für die wirtschaftliche Entwicklung hierzulande eine große Bedeutung“, sagte Spieß.