Der geplatzte Deal mit dem Skandal-Rapper Kanye West (Ye) hat Adidas einen weltweiten Imageschaden und mehr als eine Milliarde Euro an Einnahmeverlusten beschert und seinen ehemaligen Vorstandschef Kasper Rorsted letztlich den Job gekostet. Nun scheint es seinem Nachfolger Björn Gulden gelungen zu sein, eines der dunkelsten Kapitel in der Unternehmensgeschichte endgültig zu schließen.
Die diversen rechtlichen Auseinandersetzungen, die seit der Trennung zwischen dem US-Musiker und dem deutschen Unternehmen die Anwälte beschäftigten, wurden im abgelaufenen Quartal offenbar in aller Stille beigelegt.
„Wir schulden ihm nichts, er schuldet uns nichts“, sagte Konzernchef Gulden am Dienstag während eines Presse-Calls, in dem er die – guten – Quartalszahlen des Konzerns vorstellte. Im Zahlenwerk steckte auch eine vermeintlich unauffällige Position, auf der Adidas seine Rückstellungen für Prozessrisiken um 100 Millionen Euro reduziert.
Das Geld hatte Finanzvorstand Harm Ohlmeyer zurückgelegt für den Fall, dass Ye Erfolg haben sollte mit seinen wüsten Schadenersatzforderungen. Er hatte zunächst millionenschwere Zahlungen wegen Nichterfüllung der Verträge und anderem verlangt. Adidas hatte wie in solchen Fällen üblich mit Gegenforderungen reagiert. „Ich kann gar nicht sagen, wie viele Schadenersatzforderungen es insgesamt waren“, sagte Gulden. Es sei auch egal – denn sie seien alle vom Tisch.
„Unsere Anwälte haben mit seinen Anwälten eine Einigung erzielt. Nun werden wir beide weiterziehen“, sagte Gulden. Zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung von Adidas mit Ye oder seinen Anwälten werde es nicht kommen. Zusätzliche Zahlungen über die vertraglich geregelten Provisionen aus dem Abverkauf der Schuhe würden nach der Einigung nicht geleistet.
Spenden aus Yeezy-Sale belaufen sich auf fast 250 Millionen Euro
Zugleich scheint auch das materielle Erbe der unseligen Adidas-Kooperation – Berge von Schuhen der gemeinsam produzierten Marke „Yeezy“ – weitgehend geregelt. Nachdem sich Adidas vor zwei Jahren von seinem damals wichtigsten Werbeträger und Geschäftspartner getrennt hatte, der sich in der Öffentlichkeit wiederholt antisemitisch geäußert hatte, war der deutsche Konzern auf Yeezy-Schuhen im Wert von 500 Millionen Euro sitzengeblieben. Man entschied sich schließlich nach langem Hin und Her, diese nicht zu zerstören, sondern zu verkaufen und einen Teil der Erlöse für gemeinnützige Zwecke zu spenden.
Mittlerweile, so hieß es am Dienstag, seien alle Schuhe bis auf einen kleineren Restbestand im Wert von 50 Millionen Euro verkauft. Wie viel Geld Rapper Ye aus diesem Geschäft noch gezogen hat, verraten beide Parteien nicht.
Doch allein die Spendensumme aus dem Yeezy-Sale beläuft sich inzwischen auf insgesamt fast 250 Millionen Euro. Nachdem bereits direkte Spenden an Organisationen wie die Anti-Defamation League gegangen sind, wird der Großteil des Geldes einer neu gegründeten Stiftung zufließen, der Adidas Foundation, die Initiativen gegen Diskriminierung und Hass finanzieren soll.
Auch deutsche Organisationen, die sich gegen Antisemitismus richten, könnten so indirekt von den antisemitischen Ausfällen Wests profitieren. Dafür aufkommen wird allerdings nicht er selbst, sondern Adidas.
Auf die Frage, ob Adidas schon einen Nachfolger für West gefunden habe, winkte Gulden ab. „Es wird keinen neuen Ye geben.“ Adidas sei zufrieden mit seinen bestehenden Partnern aus Sport, Musik und Mode. Die weggebrochenen Yeezy-Umsätze habe man erfolgreich durch eigenes Geschäft ersetzt.
Steffen Fründt ist Wirtschaftskorrespondent der WELT und berichtet über Themen aus Luftfahrt, Sportbranche und anderen Industrien.