Zeit für eine Entscheidung!
Wenn Kanzler Olaf Scholz (66, SPD) gerade in Rio für den Rückflug gestartet ist und sich im Regierungsflieger irgendwo über dem Atlantik befindet, dann beraten die wichtigsten Genossen über seine Zukunft.
BILD erfuhr: Heute Abend schaltet sich die sogenannte engere Parteiführung zusammen. An der Runde nehmen nur die beiden Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil, Generalsekretär Matthias Miersch und die fünf stellvertretenden SPD-Vorsitzenden teil.
Einziger Tagesordnungspunkt: Wer wird der nächste SPD-Kanzlerkandidat? Kanzler Scholz? Oder doch Boris Pistorius?
Scholz will noch antreten. Machte direkt nach dem Ampel-Aus klar, dass er die Sozis in den Wahlkampf führen will. Doch in der Partei brodelt es, immer mehr Genossen sagen: Die Umfragewerte für Olaf sind so mies, lasst uns lieber Boris, den beliebtesten Politiker im Land, nehmen. Und Pistorius selbst hält sich in Bereitschaft.
Das ist der aktuelle Stand
So haben sich die Spitzen-SPD-Leute bislang positioniert:
► SPD-Chef Lars Klingbeil kämpft für Scholz. Hält ihn für den richtigen Kandidaten, Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (69, CDU) bei Rente, Löhnen, Wirtschaft zu stellen. Zuletzt bekannte er sich am Sonntagabend bei „Miosga“ eindeutig zum Kanzlerkandidaten Olaf Scholz.
►Seine Co-Vorsitzende Saskia Esken steht auch hinter Scholz. Am Montagmorgen nannte sie in der ARD Scholz den richtigen Kandidaten.
► Generalsekretär Matthias Miersch trägt bislang Scholz mit.
► Für Vize-SPD-Chefin Anke Rehlinger (Ministerpräsidentin im Saarland) ist Scholz der „natürliche und richtige Kanzlerkandidat“.
► SPD-Stellvertreter Hubertus Heil (Bundesarbeitsminister) bekundete Scholz öffentlich seine Unterstützung.
► Vize Klara Geywitz steht eng an Scholz Seite, kandidierte vor sechs Jahren zusammen mit ihm um den Parteivorsitz.
► Stellvertreterin Serpil Midyatli hat sich bislang nicht öffentlich hinter Olaf oder Boris positioniert. Aber: Sie gehört zum linken Parteiflügel. Der tendiert eher zu Scholz als zu Pistorius, der mit Worten wie kriegstüchtig Teile der SPD verschreckte.
Noch liegt Scholz vorn
Richtig spannend wird, wie sich Vize Achim Post verhalten wird. Der SPD-Mann aus NRW (dort Landesvorsitzender) hat sich bislang nicht in die Karten gucken lassen. Seine Co-Vorsitzende aus NRW, Sarah Philipp, hält beide für geeignet. Die Chefs der Landesgruppe (Zusammenschluss der Bundestagsabgeordneten aus NRW) erschütterten gestern die Partei mit einem Drei-Viertel-Bekenntnis für Pistorius, für den sie „viel Zuspruch“ hören.
In der SPD-Spitze liegt – Stand Dienstagmorgen – Scholz vorn. Offen ist: Reicht das? Und macht die Basis da wirklich mit? Ein SPD-Grande zu BILD: „Alles ist drin. Klar ist nur, wir brauchen jetzt sehr schnell Klarheit.“
Unklar war am Nachmittag noch, ob Kanzler Scholz in die Krisensitzung zugeschaltet wird.