Es sagt sich so leicht im Wahlkampf: Gesetze der Ampel sollen nach einem möglichen Wahlsieg der Union rückgängig gemacht werden. Doch was bedeutet die geheime Streichliste der Union – und wie soll das funktionieren?
Grundsätzlich ist es dem Bundestag immer möglich, Gesetze auch wieder rückgängig zu machen, wenn es eine parlamentarische Mehrheit dafür gibt.
Das ist aber nur die technische Frage. Inhaltlich sieht es komplizierter aus: Im Falle etwa des Cannabis-Gesetzes dürfte eine Rückabwicklung politisch schwierig werden, da die Union nach einem möglichen Wahlsieg auf einen Partner aus der Ampel-Regierung angewiesen sein wird – und bei dem dürfte die Bereitschaft gering sein, zumindest dieses Gesetz wieder abzuschaffen.
Dem (Wahlkampf-)Ruf nach Abwicklung ist politisch also gar nicht so einfach umzusetzen.
Wie könnte das praktisch ablaufen? Ein Gesetz gilt auf unbestimmte Zeit, wenn es nicht von vorneherein für einen bestimmten Zeitraum befristet ist. Das Parlament kann durch ein Gesetz aber auch ganz einfach andere Gesetze wieder außer Kraft setzen.
Was die Union diskutiert, geht aber über den gesetzgeberischen Alltag hinaus. Schließlich hat etwa das Cannabis-Gesetz seit dem Frühjahr Bestand, mit Folgen für den Alltag vieler Bürger.
Und genau diese rückwirkende Abwicklung durch eine neue Regierung kann problematisch sein. Wenn eine Gesetzesänderung z. B. bestehende Vergünstigungen aufhebt, kann das gegen den Vertrauensschutz verstoßen. Das könnte unzulässig sein, Klagen wären vorprogrammiert.
BILD fragte den Augsburger Jura-Professor Josef Franz Lindner, was eine zukünftige Regierung machen darf – und was nicht.
Der Experte: „Grundsätzlich gilt: Das Parlament als Gesetzgeber kann jederzeit bestimmte Gesetze ändern. Bei dieser Änderung hat der Gesetzgeber allerdings die Bedeutung des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen.“
Eine Garantie sei das freilich nicht: Auch ein Cannabiskonsument müsse „jederzeit mit einer Verschärfung der Rechtslage rechnen.“
Aber: „Das Vertrauen in eine bereits getätigte Disposition ist schutzbedürftig. Das gilt z. B. für Anbau-Vereinigungen (Cannabis-Clubs). Wenn diese bereits eine Genehmigung haben, gilt für sie der Vertrauensschutz. Das kann man nicht so einfach ändern.“ Lindner erklärt weiter: „Der Gesetzgeber muss eine Abwägung treffen zwischen den Investitionen, die die Cannabis-Clubs getätigt haben und den Interessen, die er selbst verfolgt.“
Fazit des Experten: „Es wird im Falle einer Gesetzesänderung Übergangsregelungen geben müssen, zum Schutz des Vertrauens derjenigen, die bereits tätig geworden sind.“