Es könnte seine letzte große Dienstreise sein. In der Nacht kam Kanzler Olaf Scholz (66, SPD) beim G20-Gipfel in Rio an. In Brasiliens Metropole treffen sich die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie und Schwellenländer.
An seiner Seite, der wichtigste Mensch in seinem Leben: Ehefrau Britta Ernst (63). Die hatte ihren Olaf zwar in den drei Jahren Amtszeit immer mal wieder begleitet z. B. (New York, Japan), aber es ist ihr erster G20-Gipfel – und möglicherweise sein letzter.
Auf der Weltbühne ist Scholz, der nach dem Ampel-Aus keine Mehrheit mehr hat, immer noch ganz normal Kanzler:
► Er telefonierte nach dessen Wahlsieg mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump (78)
► Er übernahm in Absprache mit Frankreich, Großbritannien und USA die erste direkte Kontaktaufnahme des Westens mit Russlands Kriegstreiber Wladimir Putin (72).
► Er trifft am Rande des G20-Gipfels Chinas Präsidenten Xi Jinping (71) zum Vieraugengespräch.
Während das Kanzlergeschäft international weiterläuft, brodelt es zu Hause. In der SPD melden sich immer mehr zu Wort, die nicht mit Scholz, sondern mit dem beliebten Kanzlerkandidaten Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten in die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar ziehen wollen.
Bei einem vertraulichen Treffen der konservativen SPD-Angeordneten sprachen sich zwei Parlamentarier aus Rheinland-Pfalz lautstark für Pistorius aus. Und Ex-SPD-Chef Franz Müntefering hält Scholz nicht für gesetzt.
Aber: Die Parteispitze steht bislang hinter Scholz, hält ihn für den Kandidaten, der den Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz (69) bei Themen wie Rente und Löhne am besten stellen kann.
In der SPD-Parteizentrale planen sie aktuell die auf Scholz zugeschnittene Kampagne. Dabei soll das Wort und eine zentrale Rolle spielen. Konkret: Die SPD will klar machen, dass es nur mit ihr stabile Renten und eine starke Bundeswehr gebe. Dass Themen wie Familienförderung und Wirtschaftshilfe nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften.
Offene Frage: Trauen die SPD-Mitglieder ihrem Kanzler wirklich noch zu, diese Strategie im Wahlkampf erfolgreich zu vertreten?
Die Parteiführung zumindest bekommt die Debatte um den Kandidatentausch gerade nicht ausgetreten. Zwar hat sich bislang nur die dritte bis fünfte Reihe gegen Scholz geäußert, aber die mächtigen Ministerpräsidenten sind auffällig still.
Und noch hat der SPD-Vorstandstand KEINEN Beschluss gefällt für den Kanzlerkandidaten Scholz. Am Montag, wenn Scholz in Rio ist, tagen die Gremien nicht. Die nächste reguläre Sitzung ist am 25. November.
Am Mittwoch kehrt Scholz aus Rio zurück. Dann führt wohl kein Weg daran vorbei, dass sich der Noch-Kanzler und sein Parteichef Lars Klingbeil (Hauptstratege des SPD-Wahlkampfs) sich tief in die Augen schauen. Sie müssen klären: Ziehen wir trotz des Grollens in der Partei durch? Oder ist ein geordneter Wechsel zum Kandidaten Pistorius besser?
Klar ist: Die Hängepartie muss zügig geklärt werden. Am 30. November versammelt sich die SPD zur „Wahlsieg-Konferenz“. Da soll auch der Kanzlerkandidat eine große Rede halten.