Auf den ersten Blick wirkt sie zerbrechlich, aber im Gespräch mit Mila Sirychenko merkt man, was für eine Kämpferin die 24-jährige Klima- und Friedens-Aktivistin aus der Ukraine in Wahrheit ist.
► Auf der UN-Klimakonferenz in Baku sprach sie mit BILD darüber, warum Klimaschutz auch ihrem kriegszerrütteten Land wichtig ist und wie russische Bomben und Granaten nicht nur Häuser, sondern auch die Natur zerstören.
Ist der Kampf für das Klima im Krieg überhaupt möglich?
Mila erklärt, dass alles miteinander verbunden sei. „Die ukrainische Natur hat enorm unter der russischen Invasion gelitten. Die Klima-Auswirkungen aufgrund der Kohlenstoff-Emissionen des russischen Militärs sind enorm. Und dann tun sie auf der Klimakonferenz so, als ob sie sich für den Erhalt der Natur interessieren. Sie versuchen sogar, ihre CO₂-Emissionen aus den besetzten Gebieten und von der Krim als Teil ihrer Indizes hier bei der Klimakonferenz einzureichen um auf diese Weise die Besetzung der Ukraine zu legalisieren.“
► Dann erzählt sie: „Einige der russischen Delegierten sind sogar zu meinen ukrainischen Kollegen gekommen und haben versucht, sie auf Russisch anzusprechen. Diese Dreistigkeit ist verstörend – davon auszugehen, dass wir mit Vertretern dieses terroristischen Staates kommunizieren werden. Ich würde ihnen auch nichts Neues erzählen, denn sie sind sich der Verbrechen, die ihre Regierung und ihr Volk begehen, bereits vollkommen bewusst, und sie haben sich entschieden, diese Regierung zu vertreten.“
Was aber Mila besonders verletzt, ist die Installation mit Weizen-Ähren am russischen Pavillon. „Sie zeigen dort diesen Weizen als Zeichen ihres Naturschutzes, aber es ist derselbe Weizen, den sie auf unseren Feldern in Brand setzen. Das ist Heuchelei.“
Die Ukrainer haben doch ganz andere Probleme als das Klima!
„Natürlich nimmt das Klima-Bewusstsein ab, wenn man nicht genug Essen oder Wasser hat oder die Drohnen jeden Tag über dem Kopf fliegen“, sagt Mila. „Die Ukrainer verstehen aber auch, dass nicht nur sie leiden, sondern auch die Natur. Die Natur ist immer ein stilles Opfer des Krieges. Viele Naturschutzgebiete, wo etwa Bisons leben, sind von den russischen Truppen besetzt. Und wenn die Leute fragen, warum sie auf fossile Brennstoffe verzichten sollen, dann erklären wir ihnen auch, dass ein großer Teil davon aus Russland stammt und Russland dieses Geld verwendet, um seine Wirtschaft anzukurbeln. Und uns zu bombardieren.“
Es sei ihr auch wichtig zu zeigen, wie die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland weiterhin den Krieg in der Ukraine finanziert und „damit leider auch das Sterben meines Volkes“.
► Daten des Klima-Forschungsinstituts CREA würden zeigen, dass die Welt seit der Invasion 800 Milliarden Euro an Russland für Brennstoffe gezahlt hat. „Und dann kann sich die Welt nicht einmal auf 100 Milliarden für Verluste und Schäden in den Entwicklungsländern einigen.“
Für Mila gehören Frieden und Naturschutz zusammen
„Um die Klima-Verhandlungen zu beschleunigen und die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssen der andauernde Krieg und die grausamen Kriegsverbrechen im Herzen Europas dringend beendet werden“, sagt sie. „Dazu gehören die Verpflichtung Russlands, die der Ukraine zugefügten Umwelt- und Klimaschäden zu kompensieren, die nuklearen Bedrohungen zu beenden, Gefangene und entführte Kinder zurückzugeben.“