Funkspruch machte ihn berühmt – jetzt kämpft Ukraines Kriegsheld gegen die EU-Bürokratie

In einem Luxemburger Gericht trifft an diesem Mittwoch Weltgeschichte auf europäische Verwaltungsbürokratie. Denn dann wird das Urteil in einem der wohl ungewöhnlichsten Markenrechtsverfahren in der Geschichte am Europäischen Gericht (EuG) erwartet. Im Mittelpunkt stehen ein ukrainischer Kriegsheld und ein Amt der Europäischen Union.

Der Streitfall trägt das Aktenzeichen T-82/24 und liegt seit März dieses Jahres dem Luxemburger Gericht zur Entscheidung vor. Es geht um die markenrechtliche Würdigung eines einzelnen Satzes: „Russian warship, go f*ck yourself.“

Die legendär gewordene Aufforderung wurde dem ukrainischen Grenzschützer Roman Hrybov (gesprochen Gribov) zugeordnet und stammt aus dem Funkverkehr mit dem russischen Kriegsschiff „Moskwa“ in den ersten Stunden der russischen Invasion im Februar 2022. Hrybov war zu dem Zeitpunkt auf der sogenannten Schlangeninsel stationiert, einem kleinen, aber strategisch bedeutsamen Eiland im Schwarzen Meer vor Odessa.

Mit seinem Widerstand wurde der Grenzschützer zu einem Symbol für ukrainische Unbeugsamkeit. Obwohl die Russen die Schlangeninsel zumindest vorübergehend einnahmen, wurde der Überlebende Hrybov zu einem Nationalhelden und wurde für seinen Mut mit einem Orden ausgezeichnet.

Die ukrainische Post druckte sogar Briefmarken, die einen einzelnen uniformierten Grenzschützer vor einem Kriegsschiff zeigen, in der linken Hand ein Sturmgewehr und die rechte erhoben mit einem deutlich erkennbar ausgestreckten Mittelfinger.

Abfuhr von der EU-Behörde

Gemessen am brutalen Angriffskrieg der Russen erscheint die neue Auseinandersetzung im Leben von Roman Hrybov vergleichsweise harmlos. Sie begann damit, dass der Held von Snake Island versuchte, den berühmten Funkspruch europaweit als Marke schützen zu lassen.

Die Ansage an die Aggressoren hatte ohne seine Beteiligung international Karriere gemacht und war von Pro-Ukraine-Demonstranten weltweit auf Plakate geschrieben, aber auch von cleveren Kleinunternehmen auf T-Shirts gedruckt worden.

Hrybov wollte nun selbst Kleidung, Schmuck und Überwachungsgerät mit der Durchhalteparole darauf vertreiben und wandte sich hilfesuchend an die zuständige EU-Behörde: das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum. Sie sollte „Russian warship, go f*ck yourself“ europaweit als Marke schützen.

Doch statt des erhofften Markenschutzes erhielt der Ukrainer eine Abfuhr. Die Behörde mit Sitz im spanischen Alicante weigerte sich, den Funkspruch als Marke einzutragen, auch eine Beschwerde blieb erfolglos.

Die Begründung für die Ablehnung klingt angesichts der Umstände, unter denen der Satz ursprünglich gefallen ist, geradezu skurril. Die Wortwahl, so monierten die EU-Bediensteten, enthalte vulgäre Sprache und sexuelle Konnotationen.

Der Widerstandswille des Grenzschützers war damit noch nicht gebrochen. Sein Dienstgeber, die ukrainische Küstenwache, ist ihm zur Seite gesprungen und legte Beschwerde bei der EU-Gerichtsbarkeit ein. Ein Urteil wird laut Ankündigung der Deutschen Presseagentur an diesem Mittwoch erwartet.

Die „Moskwa“, an die die legendären Worte ursprünglich gerichtet waren, hat ihr Schicksal indes längst ereilt. Das ehemalige Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte wurde im April 2022 versenkt.

Steffen Fründt ist Wirtschaftskorrespondent der WELT und berichtet über Themen aus Luftfahrt, Sportbranche und anderen Industrien.