„Moment der Zwischenphase, auf den Putin immer gewartet hat“

Wenige Tage nach dem Wahlsieg von Donald Trump und dem Ende der Ampelkoalition hat Außenministerin Annalena Baerbock
(Grüne) Eile bei Investitionen in Sicherheit und Verteidigung in Europa gefordert. Es gebe
jetzt „keine Zeit, bis zum Frühjahr zu warten“, sagte sie bei einer Veranstaltung
der in Berlin mit Blick auf einen möglichen Neuwahltermin in Deutschland im März. 

Die europäischen Investitionen müssten jetzt hochgefahren werden, sagte Baerbock. Zugleich gelte es anzuerkennen, dass das Ziel der
Nato-Staaten, zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsproduktes für
Verteidigung
auszugeben, „in unserer heutigen Zeit nicht mehr ausreicht“. Der „europäische Pfeiler“ innerhalb der Nato müsse gestärkt werden, forderte Baerbock. Dies gelte unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl vergangene Woche, denn es gehe dabei nicht um einen Gefallen für den Präsidenten im Weißen Haus. „Wir tun das in unserem ureigensten Sicherheitsinteresse.“

Stärkung der Luftverteidigung

Mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine sagte Baerbock: „Jetzt ist der Moment der Zwischenphase, auf den Putin immer gewartet hat.“ Alles, was Europa an Unterstützung für die Ukraine mobilisieren könne, „muss jetzt mobilisiert werden“, sagte die Ministerin und hob insbesondere die Stärkung der Luftverteidigung des Landes hervor. „Das ist eine entscheidende Phase.“ Hier dürfe man „nicht ins Wanken geraten“, sondern müsse in den kommenden Wochen „alles dafür tun, nicht nur die Ukraine zu unterstützen, sondern unseren Frieden zu sichern“, sagte Baerbock.

Die russische Kriegswirtschaft ziele darauf ab, in wenigen Jahren zu einer noch größeren Konfrontation in der Lage zu sein, warnte die Außenministerin. „Wir müssen unsere Antworten an diesen Herausforderungen ausrichten und nicht umgekehrt.“ Daher brauche es mehr Mittel im Bundeshaushalt, „die wir zielgerichtet und klar definiert jetzt einsetzen können, um wenigstens den nötigsten Bedarf der ukrainischen Verteidigung zu decken“.

Die Parteien im Bundestag wie auch die 27 EU-Mitglieder müssten nun zeigen, ob sie wie nach dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 noch einmal die Kraft finden, gemeinsame Entscheidungen zu treffen, sagte Baerbock. Dabei müssten sie klarmachen: „Wir sind stark und vereint.“ Nach Kriegsbeginn 2022 hatte die Union im Bundestag zusammen mit der Ampel aus SPD, Grünen und FDP für das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr gestimmt.

„Dann können wir einpacken“

Zur zukünftigen US-Regierung unter dem designierten republikanischen Präsidenten Trump erhofft sich Baerbock stabile Beziehungen. Die US-Regierung müsse „ein starker und verlässlicher Verbündeter bleiben“, sagte sie. Die transatlantische Partnerschaft sei über Jahrzehnte gewachsen und gründe auf Freiheit, Demokratie und Völkerrecht. Dies müsse heute mehr als früher mit Inhalt gefüllt werden, sagte Baerbock. 

Die globalen Demokratien seien in den vergangenen Jahren in einem Wettbewerb um Macht und Einfluss mit Autokratien gewesen, sagte die Ministerin. Deutschland müsse daher seine Prinzipien verteidigen und sich bewusst machen, dass es erhebliche Probleme bekäme, wenn „der freie Welthandel keine Selbstverständlichkeit“ mehr sein sollte. „Dann können wir einpacken“, warnte Baerbock.