Steuer-Watschn für die Ampel. Die Steuereinnahmen steigen – jedoch viel geringer als erwartet.
Das zeigt die Steuer-Schätzung, die Finanzminister Christian Lindner (45, FDP) vorstellte. Im nächsten Jahr müssen Bund, Länder und Kommunen mit 982,4 Milliarden Euro rechnen – 12,7 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen als noch im Frühjahr angenommen. Bis 2028 erwarten die Schätzer nun 58,1 Milliarden Euro weniger.
Auch für das laufende Jahr sieht es mit einem Minus von 8,7 Milliarden Euro schlecht aus.
Lindner sagte bei der Vorstellung der Steuer-Schätzung: „Es gibt keine Spielräume für Verteilungspolitik.“
Die Prognose für die Einnahmen des Bundes – ohne Länder und Kommunen – verbessert sich etwas. Die Einnahmeerwartungen für 2025 um rund 700 Millionen Euro über der letzten Prognose vom Mai. Im Vergleich zur Frühjahrs-Erwartung, auf die Lindners Haushaltsentwurf aufbaut, bringt das kaum neue Spielräume. „Im Gegenteil: Wir werden zusätzlich konsolidieren müssen. Nicht jede staatliche Leistung wird noch möglich sein“, erklärte der FDP-Chef bei Vorstellung der Zahlen in Washington. „Wir brauchen wirtschaftliches Wachstum.“
Grund für die miese Steuer-Prognose: die schwächelnde Wirtschaft. Bleibt Wirtschaftswachstum aus, fehlen der Regierung Steuereinnahmen. Folge: Es bleibt weniger für den Staatshaushalt übrig, um die Regierungsprojekte zu finanzieren.
Lindners wichtigste Aussagen:
■ Für 2025: Neue Ausgabenwünsche können nicht realisiert werden.
■ Es gebe Handlungsdruck bei ineffizienten Subventionen und bei der Treffsicherheit des Sozialstaates.
■ Maßnahmen der Wachstumsinitiative reichen für wirtschaftliche Trendwende nicht aus.
■ Die Intel-Milliarden (es geht jetzt zunächst um 7 Milliarden, die zeitnah frei werden, weil Intel seine Chip-Fabrik in Magdeburg verschiebt) werden komplett zurück in den Bundeshaushalt fließen müssen. Für Lindner: „Kein Gegenstand der Diskussion mehr“.
■ Man müsse zusätzliche Sparpotenziale im Bundeshaushalt finden. Es gehe um einen einstelligen Milliardenbetrag – Intel sei schon einberechnet. D. h. die einstellige Milliardenlücke könne durch die Intel-Milliarden nicht geschlossen werden.
Insgesamt:
■Der „gesamtstaatliche Konsolidierungsbedarf“ wächst.
Die Reaktionen
Hauptgeschäftsführer Deutscher Städte- und Gemeindebund, Dr. André Berghegger, zu BILD:
„Die finanzielle Lage in den Kommunen ist prekär – folgt man den neuesten Berechnungen der Steuerschätzer, wird dies auch auf absehbare Zeit so bleiben. Dieser Zustand ist aber nicht länger hinnehmbar. Die Städte und Gemeinden sind für ihre Bürgerinnen und Bürger dringend auf eine Entlastung angewiesen. Bund und Länder müssen Maßnahmen ergreifen, um den notwendigen Handlungsspielraum für kommunale Selbstverwaltung zu sichern und die lokale Demokratie nicht zu ersticken.“
►BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner: „Die Bundesregierung muss dem erwarteten sinkenden Zuwachs der Steuereinnahmen mit wachstumsfördernden Programmen entgegensteuern.“
▶︎Berthold Welling, Geschäftsführer Recht und Steuern beim Verband der Chemischen Industrie (VCI), sagt: „Der Fiskus rechnet sich gerne arm. Fakt ist aber, dass das Steueraufkommen in Deutschland seit 15 Jahren praktisch ununterbrochen steigt. Auch in diesen herausfordernden Zeiten werden wir in jedem der nächsten fünf Jahre neue Rekordsteuereinnahmen haben. Der Staat hat genug Geld, er muss es aber auch vernünftig ausgeben. Zum Beispiel für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort. Hier müssen wir vom Ankündigen ins Machen kommen.“
►FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler zu BILD: „Deutschland braucht dringend eine Wirtschaftswende, um den Standort wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Jede weitere Verzögerung würde nicht nur der Wirtschaft erheblich schaden, sondern auch den Haushaltsbeschluss gefährden – die Zeit drängt.“
Und weiter: „Die Steuerschätzung zeigt deutlich, dass die Wachstumsinitiative jetzt oberste Priorität haben muss, sonst drohen harte Einsparungen im Haushalt 2025. Mit der FDP können zusätzliche Entlastungen für die Wirtschaft, etwa ein noch radikalerer Bürokratieabbau, sofort umgesetzt werden.“