Claudia Pechstein (52) kämpft um ihre Wahrheit – und Millionen.

Nach 15 Jahren könnte bald einer der hartnäckigsten Justizfälle der Sportgeschichte enden. Heute startet vor dem Oberlandesgericht München der Prozess der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin gegen den Eislauf-Weltverband ISU. Im Mittelpunkt stehen Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Aber worum geht es genau?

Pechstein wurde im Juni 2009 von der ISU wegen auffälliger Blutwerte für zwei Jahre gesperrt. Nach einer Mehrkampfweltmeisterschaft informierte der internationale Verband damals über einen erhöhten Retikulozytenanteil im Blut der Athletin (unreife rote Blutkörperchen). Der Verdacht: Doping. Der Internationale Sportgerichtshof CAS bestätigte die Sperre.

Pechstein bestritt den Vorwurf. Spätere Untersuchungen ergaben eine vom Vater vererbte Blutanomalie als Erklärung für ihre erhöhten Werte. Seitdem verklagt die Olympia-Siegerin den Weltverband – und fordert eine finanzielle Entschädigung.

Hintergrund: Pechstein durfte aufgrund der Dopingsperre nicht an den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver teilnehmen. Zudem entgingen ihr Millionen an potenziellen Sponsoreneinnahmen und Prämien. In Turin hatte sie 2006 noch über 5.000 Meter Silber und Gold in der Teamverfolgung geholt.

Über die Jahre hat Pechstein vor dem Schweizer Bundesgericht, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, dem Münchner Landgericht und Oberlandesgericht und dem Bundesgerichtshof gekämpft. Das Bundesverfassungsgericht gab ihr 2022 schließlich recht. Das CAS-Verfahren soll unfair gewesen sein, ihre Schadensersatzklage ist zulässig.

Als der Termin in München fix war, schrieb Pechstein in einem Facebook-Post: „Jetzt wird abgerechnet.“ Und das nicht zu knapp. Acht Millionen Euro will Pechstein von den Sportverbänden an Schadensersatz.

Weiter enthüllt sie: „Der Entzug meiner sportlichen Grundlagen, die Zerstörung meiner persönlichen Existenz, Verleumdung, Lügen und so vieles mehr. Man hat mich um das gebracht, was für mich als Leistungssportlerin immer das Allerwichtigste war: Um die Chance an Wettbewerben, wie Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teilzunehmen und Titel zu gewinnen.“

Vor den Verhandlungen sagte die Olympia-Siegerin der „Welt am Sonntag“: „Ich habe ein unfassbares Martyrium durchgemacht. Doch ich habe versprochen, nie aufzugeben und bis zum entscheidenden Tag zu kämpfen.“

Vielleicht kommt dieser Tag für Pechstein ja schon ganz bald …