Kanzler Olaf Scholz (66) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (70) haben sich zu Gesprächen in Istanbul getroffen.
Dass ein neuer Flüchtlingsdeal (in Deutschland leben aktuell 16.000 ausreisepflichtige Migranten) ODER ein Waffendeal (Türkei strebt nach Kampfjets Typ Eurofighter) verkündet wird, galt von vornherein als unwahrscheinlich. Auf einer anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz gab sich der Kanzler dann vage. Eine mögliche Lieferung von Eurofighter-Kampfjets stehe „in der Verantwortung Großbritanniens.“ Türken-Despot Erdogan hielt sich gegenüber einem neuen Flüchtlings-Deal bedeckt.
Stattdessen verwirrte Erdogan mit Aussagen zu Deutschland: Es herrsche ein Klima der „Islamfeindlichkeit“, das für Muslime gefährlich sei. Und: Die in der Türkei verbotene Kurden-Partei PKK stelle für die Öffentlichkeit in Deutschland eine große Gefahr dar. Warum, begründete Erdogan nicht. Schließlich ist die Partei auch in der Bundesrepublik verboten.
Sicher ist: Die Gespräche zwischen beiden Regierungschefs waren brisant. Vor allem, weil Erdogan keinen Hehl aus der Unterstützung islamistischer Gruppierungen macht. Erst kürzlich trauerte der Türken-Despot öffentlich um den Chef der islamistischen Terrororganisation Hamas, hetzt regelmäßig gegen Israel.
Scholz’ Top-Thema der Verhandlungen: Migration. Das deutete der Kanzler bereits an. Darum geht’s: In der Reihe der Herkunftsländer von Asylbewerbern liegt die Türkei zurzeit nach Syrien und Afghanistan an dritter Stelle. Was davon beschlossen wurde, was nicht – unklar. Man habe nach „langer und intensiver Tagesordnung“ gemeinsame Ziele festgesteckt.
Der Abschiebe-Deal
Laut einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hat die Bundesregierung damit begonnen, mehrere Hundert Menschen in die Türkei abzuschieben. Es sollen noch viele weitere Abschiebungen in die Türkei folgen.
Die Details der Gespräche mit der Türkei seien vertraulich, sagte ein Regierungssprecher BILD. Die türkische Regierung dementierte zuletzt den Deal sogar, es handele sich um Falschinformationen.
► Türkei-Experte Eren Güvercin (44) erklärt, was hinter dem Dementi stecken könnte: „Sie wissen genau, dass Deutschland aufgrund der politischen Debatten der letzten Wochen im Zugzwang ist. Sie möchten das Maximale herausholen. Jetzt lassen sie eben die deutsche Seite zappeln!“, sagte er BILD.
Waffen-Lieferungen
Wie der „Spiegel“ zuerst berichtete, soll der geheim tagende Bundessicherheitsrat Rüstung im Wert von mehr als 250 Millionen Euro an Ankara abgesegnet haben. Darunter befänden sich 100 Flugabwehrraketen, Torpedos für die Marine sowie Material für türkische U-Boote und Fregatten. Im letzten Jahr waren es noch Waffen im Wert von 1,22 Millionen Euro.
► Güvercin: „Es liegt auf der Hand, dass es einen Zusammenhang zwischen den Verhandlungen über einen Abschiebe-Deal und der Zustimmung der Bundesregierung für neue Waffen-Lieferungen an die Türkei gibt.“ Die Kehrtwende der Bundesregierung sei „kein Zufall, sondern soll den Abschiebe-Deal mit Erdogan fixmachen“.
40 Eurofighter-Kampfjets
Laut Medienberichten gibt es auch Bewegung mit Blick auf den von der Türkei dringend gewünschten Kauf von 40 Eurofighter-Typhoon-Kampfjets. Weil Deutschland an der Produktion beteiligt ist, müsse die Bundesregierung zustimmen (was sie bislang nicht tat).
Kriege im Libanon und Gaza
Was sagt die Bundesregierung? Nach eigenen Angaben gehe es bei dem Treffen auch um die Lage im Nahen Osten. Scholz und Erdogan haben da sehr unterschiedliche Sichtweisen. Scholz bezeichnete Erdogans Boykott-Forderungen von israelischen Waren und Dienstleistungen zuletzt als „eklig“. Die türkische Regierung hatte wegen Israels Gaza-Krieg immer wieder gegen Israel gehetzt, sogar mit Militärschlägen gedroht.