Geht es nach dem Willen der Ampel-Regierung, soll die Verkehrswende eigentlich nur in eine Richtung stattfinden: Spätestens 2035 sollen keine Fahrzeuge mit herkömmlichen Diesel- oder Benzinmotoren mehr verkauft werden dürfen, bis dahin soll der Anteil der Elektroautos stetig steigen.
Doch dieser Plan geht derzeit nicht auf. Denn nach dem Wegfall der Förderprämien steigen nicht nur immer weniger Fahrzeughalter von einem Verbrenner auf E-Autos um, es hat inzwischen sogar eine Gegenbewegung eingesetzt: Immer mehr Elektroautofahrer steigen beim Kauf ihres nächsten Fahrzeugs wieder auf einen Verbrenner um.
Das zeigen Daten des nach eigenen Angaben größten deutschen Autoversicherers Huk Coburg. Demnach wechselten in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 34 Prozent aller Elektroautobesitzer zurück zu einem Diesel- oder Benzinfahrzeug.
Und der Trend ist klar steigend: Noch im vergangenen Jahr lag die Quote der Zurückwechsler lediglich bei 28 Prozent, 2022 bei 17,5 Prozent und 2021 bei 14,2 Prozent. Offenbar können die Elektroautos viele Besitzer nicht überzeugen, dauerhaft bei dieser Antriebsform zu bleiben.
Gleichzeitig sinkt die Zahl derer weiter, die von einem Verbrenner zu einem Elektroauto wechseln. Gerade mal bei 3,6 Prozent der Versicherten war das in diesem Jahr der Fall. Im letzten Quartal des Vorjahres lag dieser Wert noch 40 Prozent höher.
Die Verunsicherung der Autokäufer nimmt also tendenziell weiter zu. Für die Autoindustrie, die sich seit Jahren auf die Elektromobilität fokussiert, sind das schlechte Nachrichten, die Absatzkrise dürfte sich kurzfristig nicht entspannen.
Viele Deutsche würden sich außerdem nur unter Zwang für ein Elektroauto entscheiden: Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Huk Coburg gaben 29 Prozent der Befragten an, dass sie sich nur dann für E-Fahrzeug entscheiden würden, wenn „gesetzlich nur noch reine Elektroautos zugelassen werden dürfen“.
45 Prozent gaben an, dass für sie nicht nur ein Elektroauto infrage kommt, sondern auch Verbrenner weiter eine Option für sie sind, wenn sie ein neues Auto brauchen. Nur 18 Prozent stimmten der Aussage zu, dass für sie inzwischen bei der Anschaffung eines neuen Autos nur noch E-Mobile infrage kommen würden.
Angesichts der realen E-Auto-Quote scheint aber auch diese Zahl ziemlich hoch. Insgesamt kommen Elektroautos laut den Daten der Huk Coburg im Bundesschnitt nur auf einen Anteil von 2,9 Prozent am Gesamtbestand der deutschen Fahrzeuge.
Höher fällt die Quote mit 4,1 Prozent bei Hauseigentümern aus, die in der Regel den Vorteil haben, dass sie sich zu Hause eine eigene Wallbox als Ladestation installieren können. Bei Mietern ist der Anteil mit 1,3 Prozent hingegen besonders niedrig, weil ihnen oft die Lademöglichkeit fehlt.
Grundsätzlich überwiegt derzeit noch die Skepsis gegenüber dem E-Auto. 47 Prozent beurteilten die Stromer in der Umfrage als weniger oder gar nicht gut, 46 Prozent als gut oder sehr gut. Ein Drittel der Befragten gab zudem an, dass sie nicht bereit sind, für ein Elektroauto mehr zu bezahlen als für einen vergleichbaren Verbrenner.
Derzeit liegen die Preise der E-Fahrzeuge oft noch deutlich über denen von Autos mit Diesel- oder Benzinmotor. Immerhin 19 Prozent wären bereit, bis zu zehn Prozent mehr für ein Elektroauto auszugeben, 33 Prozent würden sogar einen Aufschlag von über zehn Prozent akzeptieren.
Philipp Vetter ist Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er berichtet über das Bundeswirtschaftsministerium, Wirtschaftspolitik, Energiepolitik, Verkehrspolitik, Mobilität und die Deutsche Bahn. Seinen exklusiven WELTplus-Newsletter können Sie hier abonnieren. Er ist seit 2021 Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.