Um zehn nach zehn war endgültig Schluss!
„Ein Weltklasse-Spieler verlässt die Bühne“, sagt Stadion-Sprecher Michael Trippel. Dann singt das Stadion mit der Band „Brings“ den Hit „Kölsche Jung“. Lukas Podolski (39) weint hemmungslos – um 22.16 Uhr kann er die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Und der Himmel weint mit, plötzlich regnet es. Gänsehaut pur …
50.000 Fans erheben sich im Kölner RheinEnergieSTADION von ihren Plätzen und applaudieren danach einem der größten Spieler der Vereinsgeschichte. Poldi und sein Abschied im FC-Trikot – ein letztes Mal in „Rut un Wiess“. Eine letzte Ehrenrunde in seinem Wohnzimmer…
Poldi sagt „Tschö“ im „Danke-Spiel“. Ein Spaß-Kick auf ganz großer Bühne und mit ganz großen Namen. Und einer Riesen-Überraschung: Auch Sohn Louis (16) kickte für knapp fünf Minuten an der Seite seines Vaters mit!
Das Ergebnis – am Ende nur Nebensache. „Team Poldi“ gewann 5:3 (5:0) gegen eine FC-Auswahl. Podolski traf schon nach vier Minuten. Ein Hammer mit dem linken Fuß – was sonst. Sein zweites Tor dann FÜR die FC-Truppe. In der zweiten Halbzeit traf Poldi per Elfmeter, feierte ausgelassen vor der Südkurve.
Der Köln-Liebling spielte zunächst 45 Minuten als Kapitän seiner „Poldi-Elf“, die aus vielen Weltmeistern (u.a. Neuer, Mertesacker, Kramer) und Profis seines polnischen Heimatvereins Gornik Zabrze bestand. Auch dabei und kurz vor der Pause eingewechselt: Sohn Louis!
Betreut wurde die Star-Truppe von Weltmeister-Coach Jogi Löw (64), Barcelona-Trainer Hansi Flick (59) und Ex-DFB-Torwarttrainer Andreas Köpke (62).
Ex-Bundestrainer Jogi Löw begeistert vom Abschiedsspiel: „Ob es jemals schon so einen Abschied gab in unserem Land? Ich glaube, das habe ich so noch nie erlebt, dass die Leute so eine fantastische Stimmung mitbringen. Aber das war ja eigentlich immer so, wo Poldi auftaucht, ist gute Stimmung. Gerade hier in Köln wird er verehrt wie sonst niemand. Das beweist nicht nur seine sportliche Leistung, sondern auch deine menschliche Größe.“
In der zweiten Halbzeit wechselte Poldi dann die Seiten und spielte mit ehemaligen FC-Weggefährten (u.a. Terodde, Sinkiewicz, Scherz) und aktuellen Profis seines Herzensklubs – und kurz gegen seinen Sohn Louis. Dann schlüpfte auch Louis für die letzten Sekunden ins FC-Trikot.
Der zweite Spielabschnitt dauerte nur noch 20 Minuten. Denn der Abpfiff wurde extra auf 22.10 Uhr angesetzt, angelehnt an Poldis legendäre Rückennummer „10“!
Die große Poldi-Show!
Die Süd-Kurve verabschiedete ihren Helden neben Dauer-Sprech-Chören mit einem Riesen-Plakat. Aufschrift: „Poldi: Stück des Vereins, Kind der Kurve, Teil der Stadt! Danke für alles!“ Schon beim Aufwärmen vor dem Spiel hatte sich Poldi vor seinen Anhängern verneigt, drehte eine erste Ehrenrunde und hatte glasige Augen vorm Anpfiff.
Nach Abpfiff feierte Poldi mit den FC-Fans, stieg auf den Zaun seiner Südkurve, hielt eine Pyro-Fackel in die Höhe und sprach mit dem Megafon zu den Anhängern.
Podolski: „Ohne euch Fans ist der Fußball nichts und mir war es wichtig, diese Werte zu halten. Das ist auch, warum ich hier heute stehen kann. Es war mir eine große Ehre für diesen Verein aufzulaufen, das war immer mein Traum. Den habe ich gelebt und das kann mir keiner mehr nehmen.“
Und weiter: „Ich habe dieses Trikot mit Ehre getragen. Jetzt ist hier auf dem Platz Schluss. Wir sehen uns wieder, ob das hier in der Kurve ist oder auf Auswärtsfahrten. Einmal Kölner, immer Kölner. Es ist schwer Abschied zu nehmen von meinem Wohnzimmer. Ich würde am liebsten hier schlafen.“
XXL-Wandgemälde für Podolski
Der FC widmete seinem Star sogar ein XXL-Wandgemälde mit seinem Porträt an einer Hauswand im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Vor dem Anpfiff hatte der Klub seiner Ikone zudem ein Kunst-Bild mit den größten FC-Momenten überreicht.
Poldi (181 FC-Spiele/86 Tore) hat eine beeindruckende Karriere hinter sich: 130 Länderspiele (49 Tore), Weltmeister 2014. Meister und Pokalsieger mit Bayern (2008). Dazu kommen weitere große Erfolge bei seinen Auslandsstationen in England (Arsenal), Italien (Inter Mailand), Türkei (Galatasaray Istanbul & Antalyaspor) und Japan (Vissel Kobe). Aktuell ist er in Polen noch bis Saisonende bei Gornik Zabrze unter Vertrag. Im Sommer will Poldi endgültig aufhören.
Was er danach macht, ist offen. Köln will demnächst erneut das Gespräch mit ihm suchen und ihn möglichst schnell in den Verein einbinden.
Poldi sagt über seine Zukunft im großen BILD-Interview: „Ich will mich nicht unter Druck setzen und sagen: ‚Ende Mai ist die Karriere vorbei und ab Juni musst du eine Position haben, nur weil mir dann vielleicht irgendetwas fehlt.‘ Ich habe eine tolle Familie und neben dem Fußball etwas aufgebaut. An Beschäftigungen wird es mir nicht fehlen. Aber natürlich ist auch beim FC eine Position möglich – nur eben nicht auf Teufel komm raus!“
Tragisch: Vor dem Spiel wurde ein polnischer Fan (32), der zum Spiel wollte, in der Innenstadt niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Er musste notoperiert werden.