Verspielt Kamala Harris (59) durch ihre bislang vorsichtige Kampagne ihre Siegeschancen?

Die Vizepräsidentin, die im Sommer den greisen Präsidenten Joe Biden (81) als Parteikandidatin für das Weiße Haus abgelöst hatte, ziert sich bei Interviews, verweigert Pressekonferenzen, limitiert spontane Auftritte. Jede Minute in der Öffentlichkeit wirkt choreografiert, die Kandidatin abgeschirmt.

Und selbst in der Zielgeraden – mit weniger als einem Monat bis zum Urnengang (5. November) – wirkt ihr Wahlkampfkalender dünn getaktet, das Tempo moderat, ja fast gelassen.

Viele Demokraten fragen sich bereits: Ist Kamala in der Wahlschlacht nicht sichtbar genug?

Nach der Biden-Panik des Sommers sind die Liberalen erneut nervös. Befürchtet wird, dass das Installieren von Harris als neue Hoffnungsträgerin doch ein taktischer Fehler gewesen sein könnte. 

Granden der Demokraten werden nervös

Beispiel Wochenende:

► Während der Republikaner-Herausforderer Donald Trump (78) am Samstag vor 25.000 Anhängern triumphal nach Butler (Pennsylvania) zum Ort der Schussattacke (13. Juli) zurückkehrte und am Folgetag in Wisconsin auftrat, saß Harris im Studio der Podcast-Stars Alex Cooper („Call Her Daddy“) zum überaus freundlichen Interview.

Am Samstag besichtigte sie immerhin in North Carolina Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Hurrikan Helene.

„Es ist an der Zeit, dass man diese Schlachtfelder einfach stürmt“, sprach der frühere Obama-Berater David Axelrod (69) jene sogenannten Swing States an, in denen in den die Wahlen in den USA entschieden werden: „Diese Wettläufe sind Zehnkämpfe, in denen dich die Wähler getestet sehen wollen“, sagte er zu „Politico“. Er fand, dass man „mehr von ihr sehen sollte“. 

Es klingt nach neuerlichem „freundlichem Feuer“ bei den Demokraten! 

Konkret sprach der Stratege an, Harris solle sich mehr kritischen Interviews stellen.

Sie parierte zuletzt zwar härtere Fragen in der CBS-Sendung „60 Minutes“. Doch sonst ist von einem Nachjustieren der Medien-Taktik wenig zu bemerken: Diese Woche trifft sie neuerlich auf ihr wohlwollend gegenüberstehende Medienfiguren, wie etwa in der TV-Show „The View“, oder den Komödianten Stephen Colbert (60) sowie die Radio-Legende Howard Stern (70). Überaus kritische Fragen muss sie hier kaum befürchten. 

Es stimmt zwar: Harris liegt im Durchschnitt der Umfragen mit 2,3 Prozentpunkten vorne („Realclearpolitics“). Aber: In den meisten der die Wahl mutmaßlich entscheidenden Staaten liegen beide gleichauf. Und Biden zum Vergleich führte in nationalen Erhebungen zu diesem Zeitpunkt 2020 mit 9,7 Prozentpunkten Vorsprung – doch er siegte nur knapp. Die Demokratin Hillary Clinton (76) lag vor acht Jahren mit 4,7 Prozentpunkten voran. Und verlor.

Und genau an das Hillary-Drama erinnert sich nun die Partei: eine fast überheblich wirkende Siegessicherheit, gefolgt von langen Gesichtern in der Wahlnacht.