Chaos, Eskalation, Abbruch! Die 1. Sitzung des neuen Thüringer Parlaments am 26. September geht als Schande für die Demokratie in die Geschichtsbücher ein.
Jetzt zeigt das 65 Seiten lange Protokoll der Landtagsverwaltung, wer die größten Unruhestifter waren.
Obwohl die Politiker nur einen Tagesordnungspunkt abhandelten, wurden 70 Zwischenrufe gezählt. 31 kamen von der Linkspartei, 16 von der AfD, 13 von der CDU, 6 vom BSW und 4 von der SPD. Vier Stunden lang haben 21 verschiedene Abgeordnete durch den Saal geschrien, ohne dass ihnen die Erlaubnis zur Wortmeldung erteilt bzw. ihre Mikrofone angestellt waren.
Mit Abstand für die meisten Zwischenrufe verantwortlich: Bodo Ramelow (68, Linke)!
Der Noch-Ministerpräsident pöbelte insgesamt 18 Mal gegen den AfD-Alterspräsidenten Jürgen Treutler (73). Ramelow platzte der Kragen, weil Treutler als Sitzungsleiter ausschließlich der Rechtsauffassung der Höcke-Partei folgte und die Anträge von CDU, BSW, SPD und Linke blockierte.
Auch Ramelow zieht den Nazi-Vergleich
Was im Chaos kaum jemand bemerkte: Auch Ramelow beschimpfte Treutler mit dem Nazi-Vergleich „So geht Machtergreifung!“. Außerdem tobte er mit den Worten „Hier wird die Mehrheit des Hauses verächtlich gemacht“, „Sie halten nie ihr Wort!“, „Willkür hat einen Namen: Treutler!“ und: „Ah, jetzt übernimmt Herr Braga wieder, weil Herr Treutler nicht allein handeln kann!“
Als der Alterspräsident Ramelow bat, sich zu mäßigen, konterte Ramelow: „Herr Treutler, mäßigen Sie sich!“
Der Alterspräsident musste seine durchweg parteiische Rede dutzende Male unterbrechen. 60 Mal gab es Applaus von der AfD-Fraktion.
Auf Platz zwei der Parlaments-Störer: AfD-Chef Björn Höcke (52)! Der Rechtsaußen pöbelte achtmal herum. (u.a. „Das kann doch wohl nicht wahr sein!“, „Unzulässig!“). Außerdem knallte er CDU-Geschäftsführer Christian Bühl (37) den Satz „Sie haben doch das Wort nicht!“ an den Kopf, obwohl er damit selbst gegen die Debatten-Regeln verstieß.
CDU beschimpft AfD-Sitzungsleiter als „Puppenspieler“
Auf Rang drei folgt Linke-Politikerin Anja Müller (6 Zwischenrufe) vor AfD-Mann Jens Cotta (4 Zwischenrufe). Dem CDU-Abgeordneten Christian Tischner (43) platzte dreimal der Kragen. Er beschimpfte den Alterspräsidenten als „Puppenspieler“ und „unwürdig“, warf dem AfD-Mann „Rechtsbruch!“ vor.
CDU-Chef Mario Voigt (2 Zwischenrufe) und BSW-Chefin Katja Wolf (ein Zwischenruf) hielten sich hingegen mit unaufgeforderten Wortmeldungen eher zurück. SPD-Chef Georg Maier taucht abgesehen von der Anwesenheitskontrolle im Protokoll überhaupt nicht auf.