Ach, der Kevin …
Nun ist er fort, raus aus der Politik, aus Krankheitsgründen, sagt er.
Aber die Rücktritte der Grünen-Spitzen Lang und Nouripour dürften wohl auch beigetragen haben.
Kühnert war über Jahre das ungezogene Kind der SPD. Ein linker Rebell, der Alt-Sozen aus der antiautoritären Zeit der Genossen immer ein wenig an die unberechenbare Brut erinnerte, die sie damals heranzogen. Und der vielen konservativen Sozialdemokraten mit seinem sozialistischen Geschwätz manchmal gehörig auf den Keks ging.
► Kühnert stänkerte 2017 lautstark gegen die GroKo – damals eine weitverbreitete Haltung unter den Genossen. Die Parteiführung ließ sich dennoch ein letztes Mal mit Merkels Union ein.
▶︎ Trotzig forderte Kühnert — immer noch Chef der Jusos – 2019 die Vergesellschaftung von BMW und quasi der gesamten Wohnungswirtschaft. Der damalige SPD-General Klingbeil pfiff ihn sanft zurück – und machte ihn zwei Jahre später zu seinem Nachfolger.
► Im Willy-Brandt-Haus in Berlin führte das Einzelkind Kühnert – Beamtensohn, aufgewachsen in Berlin, Medienstudent ohne Abschluss – die Partei fortan wie ein treuer Ackergaul: Unterstützte brav den Kanzler und sein Minister bei Zeitenwende, Bürgergeld, Klimaschutz. Und schlug sich nur selten laut auf die Seite linker Pazifisten in der SPD-Fraktion (Ukraine-Bewaffnung) – auch wenn er als Vertreter der jungen Partei-Linken im Parteivorstand deren Positionen meist teilte.
Drei krachende Niederlagen
Gipfel der Loyalität: die vier Wahlkämpfe des Jahres. Nach drei krachenden Niederlagen (Europa, Sachsen, Thüringen) flötete er am Rande der Selbstverleugnung, die Partei habe „gekämpft“ und „Schlimmeres verhindert“.
Was man so sagt, wenn man die Partei zu Rekordverlusten geführt hat. Am Ende rettete Brandenburgs Regierungschef Woidke das Partei-Image mit einer Nicht-Niederlage gegen die AfD.
Woidkes Erfolgs-Taktik: maximale Distanzierung von „denen da“ im Berliner Willy-Brandt-Haus. Von den Eskens, Klingbeils und Kühnerts.
Das schlaucht, das zermürbt. Kühnert wollte das nicht länger mitmachen. Und mental konnte er es wohl am Schluss auch nicht mehr.
Kühnerts Eingeständnis, dem Job nicht mehr gewachsen zu sein, nötigt persönlich großen Respekt ab. Die Lage der Ampel und der SPD (höchstens) ein Jahr vor der Bundestagswahl erschwert es jedoch deutlich.