Ein Drittel der Beschäftigten würde länger arbeiten

Rund ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland wären bereit, nach dem Renteneintritt weiterzuarbeiten. Für 66 Prozent wiederum kommt das längere Arbeiten nicht infrage. Das geht es aus einer Erhebung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die WELT AM SONNTAG exklusiv vorliegt.

Die Forscher haben 5060 Beschäftigte befragt, welche Einflussfaktoren eine Rolle spielen. Dabei zeigt sich: Die Gruppe der über 55-Jährigen, kann dem Gedanken, länger als bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze zu arbeiten, mehr abgewinnen als die unter 30-Jährigen.

Die Ampel-Regierung plant derzeit finanzielle Anreize, um Beschäftigte länger in Arbeit zu halten. Wer mindestens ein Jahr länger arbeitet, soll ab 2025 eine „Rentenaufschubprämie“ bekommen. Diese soll auf einen Schlag ausgezahlt werden, wenn der Ruhestand dann tatsächlich beginnt.

Zum Jahresende 2022 waren laut Angaben der Deutschen Rentenversicherung rund 1,35 Millionen der 18,6 Millionen Rentner erwerbstätig. Die Tendenz steigt, weil auch die Größe dieser Gruppe demografisch bedingt immer weiter anwächst.

Doch die Motivation, länger im Job zu bleiben, variiert unter den Befragten stark, da sie von persönlichen Faktoren abhängt. So zeigen sich beispielsweise Unterschiede nach Qualifikation und Beruf.

Beschäftigte mit abgeschlossener Hochschulausbildung und Führungskräfte stehen dem Weiterarbeiten im Rentenalter offener gegenüber als Arbeitnehmer ohne beruflichen Abschluss und ohne Führungsverantwortung.

Wer im Job stark engagiert ist, kann sich eher vorstellen, länger zu arbeiten

Auch die Verhältnisse im Job beeinflussen die Einstellung maßgeblich. Wer mit seiner Arbeit zufrieden ist und sich stark engagiert, kann sich eher vorstellen, weiterzuarbeiten.

„Wenig überraschend“ sei, dass Beschäftigte, die ihren Gesundheitszustand eher als schlecht einschätzten, sich das Arbeiten im Ruhestand seltener vorstellen können, schreiben die Studienautoren Andrea Hammermann, Ruth Schüler und Oliver Stettes.

Finanzielle Erwägungen spielen aus Sicht der heute noch Berufstätigen hingegen keine besondere Rolle, wie die Erhebung zeigt. „Die Sorge, im Rentenalter noch auf ein zusätzliches Erwerbseinkommen angewiesen zu sein, scheint eine in der Zukunft gelagerte Erwerbsentscheidung nicht stark zu prägen“, heißt es dort.

Außerdem üben die Forscher Kritik an der Kommunikation der Bundesregierung im Zuge des geplanten Rentenpaktes II. „Mit dem Argument der erreichten Lebensleistung wird im öffentlichen Diskurs allzu leicht das vermeintliche Arbeitsleid in den Fokus gerückt, ohne die soziale Integration und Wertschätzung zu benennen, die mit einer Teilhabe am Arbeitsleben über das erzielte Entgelt hinaus verbunden sind“, heißt es in der Studie.

Bereits in der Vergangenheit hatte eine Erhebung des IW gezeigt, dass der überwiegende Teil der Altersrentner in Beschäftigung nicht aus finanzieller Not heraus arbeitet, sondern aus eigener Motivation.

Darüber hinaus steigt aber auch die Zahl jener Rentner, die nicht mit ihren gesetzlichen Ansprüchen – und der privaten Vorsorge, falls vorhanden – auskommen. Denn auch die Zahl der Menschen, die im Alter auf die Grundsicherung angewiesen sind, wächst an.