Heftiger Mitarbeiterausfall beim Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin! Von 12 000 Mitarbeitern meldeten sich im August 17 Prozent krank, im September seien es mit elf Prozent noch immer sehr viele gewesen.
Das sagte Personalchef Erik Demmler laut einer Tonbandaufnahme einer Betriebsversammlung am Donnerstag, die dem „Handelsblatt“ vorliegt.
▶︎ Bei Tesla sind die Beschäftigten damit häufiger krank als im Bundesschnitt. Im Fahrzeugbau lagen die Fehlzeiten nach einer Statistik der Krankenkasse DAK 2023 bei 5,2 Prozent.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Konflikt um Fehlzeiten bei Tesla eskaliert.
Bereits im Juli 2023 schimpfte Werksleiter André Thierig auf einer Betriebsversammlung über eine zu große Faulheit in der Belegschaft. „Wir werden das nicht dulden, dass manche sich den Rücken krumm buckeln für andere, die einfach keinen Bock haben, zur Arbeit zu kommen“, sagte Thierig damals. Es gebe in seiner Fabrik keinen Platz für Leute, die morgens „nicht aus dem Bett“ kommen.
Im Juli 2024 schwenkte die Leitung in Grünheide um. Künftig wollte sie Mitarbeitern, die durch seltene Krankmeldungen auffallen, einen besonderen Status verleihen – und ihn finanziell vergüten. Wer den Goldstatus erreicht, indem er weniger als fünf Prozent seiner Arbeitszeit fehlt, könne eine Prämie von 1000 Euro erhalten.
Chefbesuch bei krankgemeldeten Mitarbeitern
Aber das Ganze funktionierte offenbar nicht. Geschäftsführer Thierig und Personalchef Demmler gingen zuletzt einen ungewöhnlichen Weg: Sie fuhren laut „Handelsblatt“ zu einigen krankgemeldeten Mitarbeitern nach Hause.
Die Werksleitung sei zum Handeln gezwungen gewesen, sagte Demmler auf der Betriebsversammlung am Donnerstag. „Das hat nichts mit Generalverdacht zu tun. Wir haben uns einfach mal 30 Mitarbeiter ausgesucht, die entsprechende Auffälligkeiten hatten, die sich ziemlich lange im Krankenstand befinden, aber auch viele Erstbescheide. Und was wir vorgefunden haben, war sehr, sehr gemischt.“
Demmler berichtete laut „Handelsblatt“ von den unterschiedlichsten Begebenheiten bei den unangekündigten Hausbesuchen. Manche Mitarbeiter hätten „wirklich die Tür aufgemacht“, sagte Demmler. „Aber es gab halt auch die Leute, wo wir definitiv das Gefühl hatten: Die Tür ging auf und man dachte schon, na gut, die können, das weiß man ja nie. Aber das Wollen ist halt schon gescheitert.“
Dabei seien die Tesla-Chefs nicht gekommen, um Forderungen zu stellen oder Kritik zu üben, versicherte der Personalchef laut „Handelsblatt“. Man habe einfach nur fragen wollen: „Wie geht es dir? Können wir dir irgendwie helfen?“ Dieses Ansinnen sei meist abgeblockt worden. Demmler: „Die Resonanz bei sehr vielen war schon latent aggressiv.“
Dass manche Mitarbeiter „auf Kosten von anderen Kolleginnen und Kollegen, gerade so freitags, montags, immer wieder regelmäßig fehlen“, halte auch der Betriebsrat für inakzeptabel und sehr unkollegial, sagte die Betriebsratsvorsitzende Michaela Schmitz dem Bericht zufolge.
Dirk Schulze, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen sagt: „Die Hausbesuche bei Tesla-Mitarbeitern sind die nächste abwegige Aktion gegen den seit langem deutlich überdurchschnittlichen Krankenstand in der Gigafactory.“ Demnach berichten Beschäftigte aus fast allen Bereichen des Werks von extrem hoher Arbeitsbelastung. „Wenn Personal fehlt, werden die Kranken unter Druck gesetzt und die noch Gesunden mit zusätzlicher Arbeit überlastet. Wenn die Werkleitung den Krankenstand wirklich senken will, sollte sie diesen Teufelskreis durchbrechen.“
Grundsätzlich seien derartige Hausbesuche des Arbeitgebers, auch wenn sie unangekündigt sind, nicht verboten, sagt der Arbeitsrechtler Till Heimann von der Kanzlei Kliemt. „Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass mit der Krankmeldung etwas nicht stimmt.“