Für Wolfram Weimer kommt es gerade
knüppeldick. Er steht von rechts unter Druck, und wenn man so will, hat
er sich das selbst eingebrockt. Denn er ist einmal mehr von seiner eigenen
Vergangenheit eingeholt worden – und seine politischen Gegner und Kritiker von
rechts weiden das so gut sie können aus.
In den Jahren bevor er Kulturstaatsminister wurde, hat Weimer gemeinsam mit seiner Frau Christiane Goetz-Weimer ein kleines Medienunternehmen am Tegernsee aufgebaut. Dieses hat laut der jüngsten einsehbaren Bilanz im
elektronischen Bundesanzeiger im Pandemiejahr 2021 einen Jahresüberschuss von weniger als 100.000 Euro gemacht. In der Medienbranche nennt man diese Größe gerne
„Independent“, was nichts anderes bedeutet als: Das Geld ist oft knapp, es gibt
gute und schlechte Jahre, und von den schlechten sollten es nicht zu viele sein.
Diese Weimer Media Group gibt jedenfalls einige Zeitschriften heraus organisiert Veranstaltungen (Ludwig-Erhard-Gipfel) und betreibt ein Debattenportal namens Genau
dieses wurde nun zum Auslöser tagelanger Attacken gegen den
Kulturstaatsminister. Denn einige Praktiken beim waren
mindestens zweifelhaft, andere vielleicht sogar juristisch angreifbar.
Vor zehn Jahren hat Weimer den gekauft. Es war
ein ehrenwertes Projekt, das eine europäische Öffentlichkeit herstellen und
grenzüberschreitende Debatten führen wollte. Herausgeber waren zwischenzeitlich
der frühere Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, Sigmund Gottlieb, und der
frühere Grünenpolitiker Oswald Metzger, letzterer trat später in die CDU ein.
Im Verlauf der Jahre wurde der dann mehr und mehr zu einer Plattform,
die viele Reden deutscher Politiker und auch Pressemitteilungen von Parteien
veröffentlichte. Daneben waren diverse Stimmen zu lesen, die in führenden Medien
des Landes eher selten einen Platz bekamen, die in der kleinen Redaktion des jedoch für interessant gehalten wurden. Finanzieren wollte man sich durch Werbung, aber ob je ein Euro Gewinn gemacht wurde, ist
nicht zu erkennen.
Nun muss sich der zu Recht mehrere Vorwürfe
gefallen lassen. Geradezu großspurig hat er jede Politikerin und sogar den
Papst als „Autor“ geführt und „Autoren-Profile“ von ihnen angelegt. Damit
suggerierte die Redaktion fälschlicherweise, die Mächtigen und Prominenten
dieses Landes würden aktiv mit dem zusammenarbeiten. Das kleine
Portal blies und plusterte sich auf – und muss nun kleinlaut auf der
eigenen Website zugeben: „Man hätte das auch Urheber, Redner,
Quellenperson oder ähnlich nennen können, aber Autor schien den damaligen
Redakteuren offenbar am besten.“ Wer auch immer die damaligen „Redakteure“
waren: Wolfram Weimer und seine Frau waren und sind die Eigentümer.
In der juristischen Grauzone
Finanziell unangenehm für das Ehepaar könnte es an
anderer Stelle werden. Denn einige der weniger bekannten Autoren behaupten nun,
es habe nie eine Absprache zwischen ihnen und dem gegeben. Da ist zum
einen der Plagiate-Gutachter Stefan Weber aus Innsbruck, der in seinem Blog schreibt:
„Insgesamt gibt es elf Artikel ‚von mir‘ auf die zu großen
Teilen aus meinem Blog und aus Interviews zusammengestoppelt sein
dürften.“ Er habe dem nie zugestimmt. Ähnliches schrieb der Schriftsteller
und AfD-Redenschreiber Michael Klonovsky vor wenigen Tagen auf der Plattform X.
Er könne sich „nicht
erinnern„, dass es eine Absprache gab. Trifft das zu, könnten die Autoren eventuell
einen Schadensersatz erstreiten.
Doch ist das wahrscheinlich? Es gibt da eine ziemliche Grauzone. Der Paragraf 50 des Urheberrechts erlaubt es, öffentliche Äußerungen
zu zitieren, wenn sie einen tagesaktuellen Bezug haben. Träfe das auf die Texte
und Passagen von Weber und Klonovsky beim zu, müsste in einem zweiten
Schritt bewertet werden, ob sie „in einem durch den Zweck gebotenen Umfang“ übernommen
wurden. Jeder einzelne Fall müsste also auf die urheberrechtliche Waage gelegt
werden, was theoretisch die Möglichkeit für eine längere juristische
Auseinandersetzung böte.