Lange Schläge, kurze Zündschnur

Es gibt mehr Golffilme, als man denken würde, aber nur einen . Vor 30 Jahren erzählte die Komödie des Regisseurs Dennis Dugan von einem verhinderten Eishockeyspieler, der aus der Halle ins Grüne wechselt, weil er einfach nicht Schlittschuhlaufen kann. Als Titelheld dieser Geschichte wurde Adam Sandler zum Kinostar. Sein Happy Gilmore brachte Schusskraft und Aggressionsprobleme, Kulturdebatten, Schlägereien und neue, laute, tendenziell betrunkene Fans auf den Golfplatz. Der von Sandler mitgeschriebene Film wurde bei Erscheinen überwiegend verrissen, erwies sich jedoch als nachhaltiger Kassenerfolg. Noch heute läuft im Fernsehen, sein oft brachialer, stellenweise absurder Humor hat in Late-Night-Kiffern, Millennial-Dads und deren Kindern ein dankbares Publikum gefunden.

Sandler hat später noch größere Comedyhits produziert und seine Eignung für das Preisverleihungskino von Hollywood bewiesen, aber nie mehr in einem Kultfilm wie mitgespielt. Vielleicht, weil er nie einen zweiten Archetyp für seine Karriere gefunden hat. Der ungehobelte, latent gewaltbereite, im Grunde aber liebenswerte Underdog, der er in war, war er auch in den meisten Komödien, die darauf folgten. ist deshalb zugleich eine Rückkehr zu Sandlers Anfängen und einfach das nächste Projekt des noch immer verlässlichen Comedystars. 46 Millionen Netflix-Nutzer haben den Film laut Angaben des Unternehmens binnen drei Tagen gesehen – oder wenigstens reingezappt.

Damit er wieder einen Underdog spielen kann, haben sich Sandler und sein Co-Autor Tim Herlihy Folgendes für überlegt: Gegen Ende einer langen, erfolgreichen Golfkarriere trifft Happy Gilmore seine Frau Virginia (Julie Bowen) mit einem verunglückten Schlag genau zwischen die Augen. Sie ist leider sofort tot. Gilmore schwört deshalb dem Sport ab und stattdessen auf Alkohol, den er aus allerlei kreativen Flachmännern zu sich nimmt: einem aufschraubbaren Handy, einer aufschraubbaren Gurke und so weiter. Seine vier in ewiger Pubertät gefangenen Söhne vernachlässigt er ebenso wie seine besser gelungene Tochter. Weil diese schließlich Geld braucht für ein Ballerina-Stipendium, kehrt Gilmore doch wieder zum Golf zurück.

Plötzlich sind überall Golf-Bros

Interessanter als diese Genesungsstory, in der auch Ben Stiller als Nüchternheits-Guru eine Rolle spielt, ist jedoch, was Happy Gilmore im Profigolf der Gegenwart vorfindet. Rauflust und Rowdytum, die er einst rabiater als seine Konkurrenten auslebte, haben sich durchgesetzt: Es wimmelt auf den Plätzen und im Publikum von sogenannten Golf-Bros. Athleten sind das, die ihre 400-Meter-Drives mit obszönen Gesten und Sprüchen feiern, außerdem Fans, die den Schlägen hirnverbrannte Sprüche wie , oder hinterherrufen. Der einstige Zeitvertreib feiner, gesetzt auftretender Herren ist in auch dank eines Investors aus der Red-Bull-Branche zum Springbreak mit Titan- und Carbonschlägern geworden.

Eine ähnliche Situation findet Pryce Cahill in der Serie (Apple TV+) vor. Der ehemalige Weltklassegolfer, gespielt von Owen Wilson, hat seine Frau zwar nicht auf dem Gewissen, aber durch anhaltende Nichtsnutzigkeit vergrault. Weil ihm nun das Geld ausgeht und selbst das stärkste im Baumarkt erhältliche Klebeband seine Corvette nicht mehr zusammenhält, zieht es ihn zurück auf den Platz. In einer Szene, die an die Entdeckung von Happy Gilmore in dessen erstem Film erinnert, stolpert Cahill über ein großes Golftalent. Als Trainer will er dem 17-jährigen Santi Wheeler (Peter Dager) zu einer Profikarriere verhelfen. Für den eigenen Seelenfrieden, aber natürlich auch für einen Anteil der Preisgelder.

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