Vielleicht kommt das auch in den USA gut an

Eine neue Frau an der Spitze und viele große Aufgaben – das ukrainische Parlament bringt den von Präsident Wolodymyr Selenskyj gewünschten Regierungsumbau auf den Weg. Als Nachfolgerin des langjährigen Premiers Denys Schmyhal kommt dessen bisherige Stellvertreterin und Wirtschaftsministerin Julija Swyrydenko ins Amt.

Innenpolitisch ist dieser Schritt mitten im Sommer und dreieinhalb Jahre nach Beginn des russischen Vollangriffs nicht von allzu großer Bedeutung. Swyrydenko war gegenüber Wolodymyr Selenskyj und seinem mächtigen Stabschef Andrij Jermak stets loyal. Sie dürfte also kaum von der bisherigen Linie abweichen. Die wird ohnehin vom Präsidenten vorgegeben, dessen Partei bei den letzten
Parlamentswahlen 2019 auch die absolute Mehrheit holte und somit fast
allein über die Besetzung der Regierung entscheidet.

Zwar gibt es bei Selenskyj, aber auch in der ukrainischen Gesellschaft durchaus den Wunsch nach Erneuerung der Machtstrukturen in einer Zeit, in der die Wahlen wegen des Kriegsrechts weiter ausgesetzt bleiben. Von der jungen und flexiblen Swyrydenko wird als Regierungschefin daher schon erwartet, das Kabinett aufzufrischen. Viele neue Gesichter wird es dort jedoch nicht geben – bereits amtierende Funktionäre übernehmen schlicht neue Jobs.

Beziehungen zu den USA bleiben schwierig

Die aktuelle Personalrochade ist so nur in Teilen innenpolitisch motiviert. Ebenso wichtig dürfte der Blick auf die USA unter Donald Trump sein. Zwar hat der US-Präsident in den vergangenen Tagen augenscheinlich eine Kehrtwende in seiner Haltung zu Wladimir Putin und Russland hingelegt – und den Verkauf einiger Waffenarten über europäische Länder an die Ukraine ermöglicht. Die Beziehungen der Regierungen in Washington und Kyjiw bleiben aber schwierig.

Noch vor Trumps Amtsantritt hatte das Team um Selenskyj versucht, einen engen Kontakt zum Umfeld des US-Präsidenten zu etablieren. Unter Joe Biden war das immer direkt und einfach möglich gewesen. Jermak, Selenskyjs engster Vertrauter, hatte mindestens wöchentlich mit dessen Sicherheitsberater Jake Sullivan telefoniert. Dringende Angelegenheiten kamen immer sofort zur Sprache.

Jermak wollte diese Rolle als faktischer Chefdiplomat der Ukraine auch gegenüber der neuen Trump-Regierung weiter spielen. Wirklich erfolgreich war er damit nicht. Neben seinem durchwachsenen Englisch stieß in Washington auf Unverständnis, dass da einer großen Einfluss haben sollte, der von niemandem gewählt wurde und dessen Amt nicht in der ukrainischen Verfassung vorkommt. Ob das wirklich entscheidend für Trumps konkrete Ukrainepolitik war, etwa für den Skandal im Oval Office Ende Februar oder die zeitweise Aussetzung der Militärhilfen, erscheint jedoch fraglich. Denn letztlich hängen alle Entscheidungen allein am US-Präsidenten – und dessen persönliche Abneigung gegenüber seinem ukrainischen Amtskollegen ist längst kein Geheimnis mehr.

Die bilateralen Kontakte verliefen auf vielen Ebenen problematisch. Allerdings sollen zwei Personen, die daran auf ukrainischer Seite beteiligt waren, bei Trump und seinen Leuten gleichwohl einen guten Eindruck hinterlassen haben. Zum einen eben die künftige Ministerpräsidentin Swyrydenko, die mit US-Finanzminister Scott Bessent direkt über das Rohstoffabkommen verhandelte. Die Gespräche verliefen äußerst zäh, zumal die anfangs vereinbarte Variante des Abkommens nach dem Eklat im Weißen Haus im Mülleimer landete. Schließlich legte die US-Regierung einen noch frecheren, mehr als 50 Seiten langen Entwurf auf den Tisch. Es ist wohl durchaus Swyrydenkos Verdienst, dass Anfang Mai eine für die Ukraine adäquate Vereinbarung unterschrieben wurde, obwohl nicht alle Wünsche aus Kyjiw erfüllt werden konnten. Das Trump-Team war offenbar mit ihr zufrieden, obwohl sie ganz klar zu den Vertrauten des unliebsamen Jermak zählt.