Klar versucht man erst mal, ein
Interview zu bekommen. Und klar blitzt man ab. Das Management der britischen Schauspielerin
und Moderatorin Jameela Jamil teilt mit, man könne mir da leider nicht
entgegenkommen. Schade, ich hätte gern mit Jamil darüber gesprochen, dass sie vor Kurzem auf Substack in einem sehr langen Text angekündigt hat, sich nicht mehr von Frauen interviewen zu
lassen. Im Gegensatz zu Männern hätten sich diese nie wirklich für sie
interessiert, sondern „eine Agenda“ verfolgt. Die auch als feministische Aktivistin
bekannte 39-jährige Jamil zählt vier Journalistinnen auf, die je fair zu ihr gewesen seien, „Hunderte“ andere jedoch hätten sie publizistisch herabgewürdigt, alte Fehltritte
aufgewärmt und ihr Anliegen nicht anerkannt: „Einfach die Welt für die Ausgegrenzten
ein bisschen gerechter machen.“ Nun sitzt man da als abgeblitzte
Journalistin, und statt ein Interview zu führen, überlegt man allein vor sich hin.
Logisch reden Journalistinnen gern mit den wichtigen Frauen ihrer Zeit. Und logisch fragen sich Journalistinnen, wenn sie eine Person porträtieren, was deren Motive sind. Soweit die Jobbeschreibung (auch für Männer gültig). Es ist aber auch wahr, dass es sowohl in der Medienbranche als auch unter Feministinnen Vorbehalte gibt und so was wie, sagen wir mal, Hahnenkämpfe. Aber: hunderte Frauen, die Jamil dieses Gefühl gegeben haben?
Sie hat in der US-Fernsehserie mitgespielt, sie setzt sich für die Rechte von queeren Menschen, Kindern und Personen mit Behinderung ein. Sie hatte tolle Covershoots, man sah sie zum Beispiel auf der britischen . Aber dort schrieb sie dann lieber selbst einen Essay, als sich befragen zu lassen.
Wütend gemacht habe sie zuletzt vor allem ein Porträt der Journalistin Liz Edwards, das in der britischen erschienen ist, schreibt Jamil in ihrem Text jetzt. Edwards habe sich wie all die anderen Journalistinnen zuvor nicht für ihr Tun interessiert, und besonders in gedruckten Porträts wie dem von Edwards würden Autorinnen ihre eigenen „Annahmen, Interpretationen, Unsicherheiten und Projektionen“ einbetten. Dabei betont Jamil so oft, auch in dem Porträt von Edwards, dass sie sich nie frage, ob Leute sie mögen. Sie habe nicht den Drang zu performen, ihr gehe es wirklich nur um die feministische Sache. „Ich könnte ein verdammter Mörder sein, und was ich über die Gesellschaft sage, wäre immer noch wahr.“ Sie interessiere sich nicht dafür, von Leserinnen und Lesern gemocht zu werden. Das sei eh parasozialer Unsinn. Die Ungerechtigkeit gegenüber Frauen sei das wahre Problem.
Jamil sagt, dass sie „niemals aufhören wird, Frauen zu ermutigen“ – Ausnahme jetzt halt: die neidischen, verbitterten Journalistinnen. Alle anderen Journalistinnen sind auch erst mal raus, . Gut, dass man mit solchen Takes heutzutage das Internet über sich sprechen lassen kann. Wer braucht überhaupt noch kritischen Journalismus, wo es doch Substack und Instagram gibt?
Aber Jameela Jamil möchte nicht nur den Feminismus retten, mit persönlichen Denkzetteln für dreiste Journalistinnen, die ihre Karrieren auf dem Runterbuttern anderer Frauen aufbauen, sondern auch den Journalismus selbst. Alles könnte ja so einfach sein: Da ist eine feministische Heldin, deren Motive man nie hinterfragt, und da sind Journalistinnen, die so schreiben, wie Managements und PR-Abteilungen es gern hätten. Schön. Damit das klappt, spendiert Jamil uns Journalistinnen noch einen Tipp: Stelle sie selbst als Interviewerin anderen Menschen Fragen, „beginne ich damit, wo jemand jetzt steht, wie er dorthin gekommen ist, einschließlich der haarigen Momente, und dann ende ich mit dem, was er an Positivem daraus gemacht hat und meinem Publikum hilft“. Na dann, Glück auf.