Er gilt als einziger israelischer Politiker, der Premierminister Benjamin Netanjahu (74) schlagen kann: Naftali Bennett gründete Tech-Unternehmen, kommandierte eine Elite-Einheit und regierte 2021 bis 2022 den jüdischen Staat. Jetzt sehen ihn Umfragen vor Netanjahu.

Viele in Israel hoffen, dass sich die Medienberichte bestätigen und Bennett an seiner Rückkehr arbeitet. Er soll Netanjahu ablösen und den Krieg gegen die palästinensischen Terroristen beenden – mit einem Sieg oder einem Deal.

Im BILD-Interview macht der frühere Regierungschef klar, dass er für ein Comeback bereit ist, obwohl seine Frau und er eigentlich eine längere Auszeit von der Politik planten.

„Gewinnt den Krieg – oder schließt einen Deal!“

Bennett zu BILD: „Wir ahnten nicht, wie schnell sich die Lage Israels verschlechtern würde. (…) Und es gibt nur zwei Dinge, die mir wichtig sind: meine Familie und mein Land. Und wenn ich dafür den Boden wischen muss, dann wische ich den Boden. Wenn ich Soldat sein muss, werde ich Soldat sein. Ich werde jede Position einnehmen, in der ich etwas bewirken kann.“

Für den amtierenden Premierminister Netanjahu hat er kein Lob übrig – und kritisiert dessen Kriegsführung gegen die „barbarischen und brutalen Islamisten“ der Hamas.

„Die derzeitige Strategie der Regierung ist, das in niedriger Intensität in die Länge zu ziehen.“ Bennett zufolge „gibt es keinen Krieg in Gaza, es sind nur sehr wenige Soldaten dort“.

Er hätte von Anfang an „mit viel höherer Intensität gehandelt, um die Hamas zu besiegen“, so der langjährige Elite-Soldat. „Wir wollen keinen Krieg, aber wenn man einen Krieg gewinnen will, muss er von sehr hoher Intensität und von sehr kurzer Dauer sein. Das war schon immer unsere Strategie.“

Er fordert Netanjahus Kabinett auf: „Gewinnt den Krieg ernsthaft oder schließt einen Deal und kämpft an einem anderen Tag weiter.“ Doch der „Abnutzungskrieg ist genau das, was der Iran will“. Die Mullahs, die wichtigsten Unterstützer der Hamas, wollten „Israel langsam seiner Energie und Ressourcen berauben“, so Bennett. „Und wir sollten nicht nach ihrem Drehbuch spielen.“

Terroristen könnten Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ nutzen

So hart Bennett die Netanjahu-Regierung kritisiert, so deutlich verteidigt er Israels Armee. „Das Verhältnis von zivilen Opfern zu getöteten Terroristen liegt bei etwa 1 zu 1,3, was das niedrigste in der Geschichte der urbanen Kriegsführung ist“, so der Ex-Militär.

Und das, obwohl die Hamas-Terroristen alles tun, um „ihre eigenen Opferzahlen zu erhöhen, um die öffentliche Meinung im Westen gegen Israel zu wenden“ Er warnt den Westen, Israel für die Selbstverteidigung zu verteufeln: „Wenn Europa und die Welt Israel davon abhalten, gegen Terroristen zu kämpfen und sich zu verteidigen, die Zivilisten als menschliche Schutzschilde benutzen, dann wird das bedeuten, dass jeder Terrorist auf der Welt diese Taktik übernehmen wird. Und man wird es in München, Frankfurt, Berlin, London, New York sehen, weil es funktioniert.“

Der Westen solle stattdessen das iranische Regime, den „größten Exporteur von Terrorismus in der Welt“ unter Druck setzen. Es sei „korrupt, inkompetent, alt und vom Volk verhasst und es ist dem Untergang geweiht“. Mit den richtigen Sanktionen könne es in drei Jahren zusammenbrechen, wie einst die Sowjetunion.

„Wenn wir nichts tun, könnte es in 30 Jahren – oder es könnte in drei Jahren zusammenbrechen, wenn der Westen massive wirtschaftliche Sanktionen, diplomatische Sanktionen verhängt und die Opposition im Iran unterstützt, um es zu stürzen“, so Bennett.

Was, wenn Bennett die nächsten Wahlen tatsächlich gewinnt? Die heikelste Frage lautet, ob er notfalls auch mit Netanjahu koalieren würde. Bennett macht klar, dass er seine „Rückkehr in die Politik noch nicht angekündigt“ habe. Dennoch: Eine Koalition mit Netanjahus Partei schließt er auf Nachfrage nicht aus.

„Das Wichtigste für Israel ist im Moment, das Volk zu vereinen“, so Bennett. Dies ginge nur mit einer „breiten Einheitsregierung, links und rechts, religiös und säkular, mit dem Fokus auf den Wiederaufbau Israels“.

Deutliche Warnung an Netanjahu

An Netanjahu übt er deutliche Kritik. Denn: Dieser will Berichten zufolge den unbequemen Verteidigungsminister Joaw Gallant (65) loswerden, der dem Premierminister in strategischen Fragen immer öfter widerspricht.

Bennett, dessen Sohn in einer Spezialeinheit dient, macht klar: „Wenn eine Nation im Krieg ist, erwartet sie, dass alle Entscheidungen professionell getroffen werden.“ Dass es um Israels Interessen gehe, nicht um persönliche. „Die israelische Öffentlichkeit hat nicht das Gefühl, dass dies der Fall ist, und ich würde hoffen, dass die Führer Israels sich daran erinnern, warum sie dort sind: um Israel zu verteidigen und nicht um persönliche Interessen zu verfolgen.“