Der kriselnde Chipkonzern Intel legt den Bau eines Werks in Magdeburg auf Eis. Das Projekt werde voraussichtlich um zwei Jahre verzögert, teilte Firmenchef Pat Gelsinger mit. Intel kämpft mit Verlusten und hat ein Sparprogramm eingeleitet.
Intel hatte in Sachsen-Anhalt den Bau von zunächst zwei Chip-Fabriken angekündigt. Der erste Spatenstich war für dieses Jahr angepeilt worden. Dabei sollten rund 3000 Arbeitsplätze entstehen. Die Investition wurde auf rund 30 Milliarden Euro beziffert. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr staatliche Hilfen von 9,9 Milliarden Euro für die Ansiedlung in Aussicht gestellt.
Noch vor wenigen Monaten hatte Gelsinger gesagt, dass in Magdeburg die modernsten Produktionsverfahren zum Einsatz kommen sollten, mit denen Intel zur erfolgreicheren Konkurrenz aufschließen will. Der Produktionsbeginn war für 2027 oder 2028 erwartet worden.
Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) ließ trotz der Ankündigung vorsichtigen Optimismus walten. „Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht“, so Schulze. „Intel, die Bundesregierung als auch wir als Landesregierung stehen weiter zu dem Projekt. Wir werden in nächster Zeit gemeinsam weitere Gespräche darüber führen, was die Verzögerung nun konkret für das Projekt bedeutet“, sagte er.
Lindner streitet sofort über Verwendung nicht benötigter Subventionen
Finanzminister Christian Lindner sprach sich unterdessen dafür aus, nicht benötigte Mittel für die Intel-Chipfabrik in Magdeburg für den Bundeshaushalt einzusetzen. „Alle nicht für Intel benötigten Mittel müssen zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden“, schrieb der FDP-Vorsitzende auf X. „Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik.“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte: „Wir werden jetzt gemeinsam beraten, wie wir mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und sorgsam umgehen und sie zum Wohle des Landes einsetzen.“ Aus dem Ministerium hieß es, die Gelder seien im Klima- und Transformationsfonds, genannt KTF, vorgesehen und stünden nicht dem Kernhaushalt zur Verfügung. In dem Fonds gibt es wie im Bundeshaushalt eine Milliardenlücke.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schloss eine vorübergehende Verwendung der Staatshilfen zur Schließung von Haushaltslücken nicht aus. Die Bundesregierung wolle zugleich die Halbleiterentwicklung in Deutschland voranbringen und dafür Sorge tragen, „dass wir mit unseren Finanzen gut auskommen“, sagte Scholz im kasachischen Astana.
Deswegen sei das jetzt Gegenstand „sehr konstruktiver Beratungen“, wie man damit umgehe. „Ich gehe auch davon aus, dass wir da einfach in alle Richtungen unsere Möglichkeiten nutzen. Da gibt es nicht nur schwarz und weiß.“ Scholz sprach sich aber gegen voreilige Entscheidungen aus. „Jetzt gibt es keinen Anlass, von einem Tag auf den anderen zu sagen, wie wir damit einzeln umgehen“, sagte er.
Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen angekündigt
Intel steht unter Druck. Allein im vergangenen Quartal fuhr der Konzern einen Milliardenverlust ein – und Analysten rechnen noch mit weiteren roten Zahlen. Konzernchef Pat Gelsinger steuert gegen und kündigte Anfang August den Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen an. Das sind etwa 15 Prozent der Belegschaft. Insgesamt will er zum kommenden Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar einsparen.
Auch die Pläne in Polen werden für diese Zeit ausgesetzt. Zugleich bekräftigte Intel Investitionen in neue Werke im Heimatmarkt USA und entwickelt neue Chips mit der Cloud-Sparte von Amazon.
Eine erste Baugenehmigung für die Fabriken in Magdeburg war vor einigen Wochen bereits erteilt worden. Dem war eine mehrmonatige Prüfung eines rund 2000-seitigen Bauantrages und eines Anhörungsverfahrens von Verbänden und Kommunen vorausgegangen.
Die EU-Kommission hätte der Förderung der Bundesregierung noch zustimmen müssen. Vertreter der Landesregierung von Sachsen-Anhalt hatten sich zuletzt immer wieder optimistisch gezeigt, dass die EU bis Ende des Jahres die staatlichen Hilfen freigeben und anschließend der Bau starten würde.
Einstiger Branchenprimus
Zu Gelsingers Strategie gehört, dass Intel stärker zum Auftragsfertiger für andere Chip-Entwickler wird. Dabei soll der Konzern modernste Produktionsverfahren meistern, um im Wettbewerb gegen etablierte Produzenten wie TSMC aus Taiwan zu bestehen. Teil dieser Pläne war auch der Bau des Werks in Magdeburg.
Intel dominierte einst die Chipbranche, fiel dann aber zurück. Ein entscheidender Moment war der verlorene Kampf um den Platz in Smartphones. Intel hoffte, die Stärke im PC-Geschäft auf die Mobil-Geräte zu übertragen – doch bei den Computer-Handys setzten sich sparsamere Prozessoren durch. Smartphone-Chips kommen somit nicht von Intel, sondern von Wettbewerbern wie Qualcomm oder TSMC.