Seit fast einem Jahr wird die Kleinstadt Metulla – Israels nördlichste Ortschaft – von der Hisbollah mit Raketen beschossen. Die Terroristen feuern aus drei Richtungen auf die Kleinstadt – und nutzen dafür auch eine alte Kreuzfahrer-Burg.
BILD besuchte Metullas Bürgermeister David Azulai, der mit einem kleinen Sicherheitsteam die Stellung hält.
Beschuss aus Mittelalter-Burg Beaufort
Knapp 1.800 Einwohner hatte Metulla vor dem 7. Oktober, kurze Zeit später wurden die meisten Einwohner evakuiert: Zu groß war die Gefahr eines Eindringens von Hisbollah-Terroristen in Israels nördlichste Ortschaft.
Denn Metulla grenzt im Norden, Westen und Osten an den Libanon. „Wir werden aus allen drei Himmelsrichtungen beschossen, jeden Tag“, sagt Bürgermeister David Azulai (57).
Auf seiner täglichen Morgentour durch die Stadt notiert er, welche Veränderungen es in der Nacht gab, erzählt Azulai. „Welches Haus getroffen wurde, wo Reste von Geschossen beseitigt werden müssen.“
Und er beobachtet die Umgebung, die Nachbardörfer, deren Häuser sehr nah an den eigenen stehen. Die meisten von ihnen sind vordergründig leer: Die Hisbollah hat die Einwohner vertrieben und dort Angriffsstellungen errichtet.
„Sie nutzen für ihre Angriffe sogar Burg Beaufort“, sagt Azulai und zeigt auf die im 12. Jahrhundert errichtete Kreuzfahrer-Burg, die nur wenige Kilometer entfernt emporragt.
Während Azulai durch Metulla führt, achtet er stets darauf, nicht in Sichtachsen zu den Hisbollah-Stellungen zu verharren – vor allem nicht mit dem Auto.
Denn außer Scharfschützen droht vor allem durch Panzerabwehrlenkwaffen (ATGMs) eine erhebliche Gefahr: Auf kaum einen anderen Ort dürften in so kurzer Zeit derart viele ATGMs abgefeuert worden sein.
„Sie schießen damit gezielt auf Autos und auf unsere Kameras, mit denen wir die Umgebung überwachen“, erklärt Azulai. Und auch leer stehende Häuser würden unter Beschuss genommen.
Seit knapp elf Monaten schläft Azulai in einem kleinen Raum neben seiner unterirdischen Kommandozentrale, nur selten kann er seine Familie sehen.
Es gebe keine andere Möglichkeit, als die Hisbollah durch eine Militäroperation von der Grenze zu vertreiben, sagt Azulai.
Bis es soweit sei, werde er für die Bürger der Stadt weiterhin die Stellung halten.
Wenn es dann soweit sei, wolle er endlich seinen lange geplanten Urlaub nach Deutschland antreten, sagt Azulai. „Ich wollte eigentlich nach Berlin, die Reise war für November geplant. Dann kam der 7. Oktober und hat alles verändert.“
Mut gemacht hätten ihm damals Anrufe aus Deutschland. „Der Bürgermeister unserer Partnerstadt Pocking in Bayern hat sich als einer der ersten bei mir gemeldet und Hilfe angeboten“, sagt Azulai.
Bei der geplanten Deutschland-Reise wolle er deshalb auch wieder nach Bayern.
Doch die Urlaubspläne lägen noch in weiter Ferne, sagt Azulai in seinem Bunker, während draußen mehrere dumpfe Einschläge zu hören sind: Wieder hat die Hisbollah Raketen oder Mörsergranaten auf Metulla abgefeuert – wie jeden Tag.