Vor gut 20 Jahren war
ein Überraschungshit. Im Mittelpunkt stand der ehemalige Philosophiestudent
Mux, der in Berlin Schwarzfahrer, Falschparker und Beckenpinkler stellte und
dabei zu immer radikaleren Mitteln griff. Der Low-Budget-Film erhielt mehrere Auszeichnungen
beim renommierten Saarbrücker Filmfestival Max Ophüls Preis und war auch im
Kino ein Publikumserfolg. Hauptdarsteller Jan Henrik Stahlberg schrieb das
Drehbuch, für den Schauspieler Marcus Mittermeier (den man unter anderem aus
der ZDF-Krimireihe kennt) war es das Regiedebüt.
Schaut man sich die mit wackeliger
Handkamera gedrehte Mockumentary heute wieder an, muss man feststellen: Sie ist
nicht gut gealtert. Satire hin oder her, der Sexismus ist schwer erträglich. Mux
drängt zum Beispiel eine Ladendiebin dazu, sich in der Umkleide zu entblößen, vor
seinen Augen und zu seinem Vergnügen. Später erschießt der selbst ernannte
Kämpfer für das Gute seine Ex-Freundin, nachdem er sie mit einem anderen
erwischt hat. Ihre Leiche lässt er verschwinden und flieht nach Italien. Am
Ende des Films wird er von einem Raser überfahren, dem er sich in den Weg
gestellt hatte.
20 Jahre später, in ,
erfahren wir: Mux hat den Unfall überlebt. Das ist allerdings auch die einzige
Überraschung, die diese Fortsetzung zu bieten hat, in der Stahlberg neben
Hauptrolle und Drehbuch auch die Regie übernommen hat.
Die späte Rückkehr von Mux wird mit
einem Langzeitkoma erklärt, aus dem er nach 20 Jahren erwacht. Die Welt hat
sich in der Zwischenzeit komplett verändert: überall Smartphones und soziale
Medien. Die Bahn ist kaputtgespart, dafür kann man mit Drohnen Videos drehen. Die
Eingliederung ins Deutschland der 2020er Jahre klappt erstaunlich schnell, weil
Mux während seines Wachkomas über den laufenden Fernseher upgedatet wurde. Das
wird so behauptet, wie vieles im Film. Vom Krankenbett aus stellt der Patient sein
„muxistisches Manifest“ fertig, an dem er jahrelang innerlich gearbeitet hat. Natürlich
fühlt er sich sofort wieder berufen, die Welt nach seinen Vorstellungen zu
verbessern.
Erst widmet sich Mux alltäglichen
Ungerechtigkeiten. Zugreisende aus der überfüllten zweiten führt er in die fast
leere erste Klasse, zum Leidwesen der Anzugträger, die es sich dort bequem
gemacht haben. Im Hintergrund gibt eine Durchsage nach der anderen Updates über
die Dauer der Verspätung, mit der Mux sein erstes Ziel erreichen wird:
Elstertrebnitz an der Mulde.
In der ostdeutschen Provinz
empfangen ihn erstaunlicherweise bereits Anhänger. „Vor 20 Jahren plädierte Mux
für mehr Eigenverantwortung. Doch dieser Begriff hat in der Zwischenzeit einen
neoliberalen Schlag bekommen“, erklärt Jan Henrik Stahlberg in einem Interview
in der Pressemappe. Heute heiße Eigenverantwortung: „Wenn es dir nicht gut
geht, bist du selber schuld, dann setzt du dich halt auf die Straße oder
sammelst Flaschen.“
Sein heutiger Mux will die Demokratie nun
retten, indem er den Neoliberalismus bekämpft. Im ersten Film war die Figur
noch als Mischung aus Moralapostel und Bürgerwehrler angelegt. „Sozialschmarotzer
und Kriminelle“ bestrafte Mux eigenmächtig mit Erziehungsmaßnahmen. In der Fortsetzung entfernt er sich von diesem Wutbürgertum, womöglich auch, weil einige
Positionen heute zu sehr denen der AfD ähneln würden. Die bezeichnet Mux im
Laufe des Films als „Rattenfänger“, obwohl er sich in der Ansprache der
sogenannten „kleinen Leute“ gar nicht so sehr unterscheidet.