Es ist der Hauptgrund, warum der Asyl-Gipfel von Ampel und Union platzte: Die Politiker konnten sich nicht darauf einigen, wie Deutschland Migranten zurückweisen soll.
CDU/CSU hatten von der Bundesregierung gefordert, alle Asylbewerber, die aus EU-Ländern einreisen wollen, abzuweisen. Die Ampel sagt, dass dies juristisch nicht möglich sei. Innenministerin Nancy Faeser (54, SPD) bot der Union ein anderes Verfahren an.
Ihr Zurückweisungsplan funktioniert so:
1. Bittet ein Migrant um Asyl, darf er einreisen – oder vorerst bleiben, falls er die Grenze schon überschritten hat.
2. Die Bundespolizei prüft, ob der Asylbewerber bereits in einem anderen EU-Land Asyl beantragt hat und somit dieser für ihn zuständig ist.
3. Das Prüfergebnis wird an das BAMF übermittelt. Die Behörde leitet das „Dublin-Verfahren“ ein. Also eine Abschiebung an das EU-Land, in dem der Migrant registriert ist.
4. Nun wird eine Unterkunft gesucht. Entweder in Haft, falls ein Gericht feststellt, dass Fluchtgefahr besteht. Oder z. B. in einer Flüchtlingsunterkunft.
5. Das BAMF beantragt im zuständigen EU-Land die Abschiebung – und wartet auf die Zustimmung. Erst nach der Zustimmung wird die Abschiebung angeordnet.
6. Gegen die Abschiebe-Anordnung können Migranten klagen. Verwaltungsgerichte müssen dann entscheiden, ob sie abgeschoben werden dürfen.
▶︎ Von den Ampel-Plänen hält Heiko Teggatz, Vorsitzender der Bundespolizei-Gewerkschaft nichts. Er zu BILD: „Man merkt auf dramatische Weise, dass die verantwortlichen Politiker keine Ahnung von der Realität und Praxis haben.“
Denn: ca. 400 der aktuell ca. 800 Abschiebehaftplätze hierzulande seien schon belegt. Rund 50 000 Anträge auf Abschiebehaft landeten jährlich bei den Richtern. Teggatz: „Also hätte die Bundespolizei in nur drei Stunden sämtliche Haftplätze belegt. Das Ergebnis wäre, nach spätestens drei Stunden würden, wie bisher auch, alle Personen auf freiem Fuß bleiben.“
Union: Ampel-Vorschlag bringt „keine einzige Zurückweisung mehr“
Was Faeser behaupte, komme einer „Täuschung der Öffentlichkeit“ gleich, kritisiert Alexander Throm (56, CDU), innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.
Der CDU-Migrationsexperte rechnet vor, was der Ampel-Plan für die 120 000 Migranten bedeutet hätte, die im ersten Halbjahr 2024 ihren Asyl-Erstantrag in Deutschland gestellt haben.
Für 80 000 „bleibt alles beim Alten“, so Throm. Sie würden auf Kommunen verteilt. Nur 34 Prozent, also rund 41 000, waren in einem anderen EU-Staat registriert und müssten abgeschoben werden. Wie jetzt, nur beschleunigt. Doch die Abschiebungen in andere EU-Länder gingen meistens schief. 2023 konnten Throm zufolge nur neun Prozent der Migranten in andere EU-Länder abgeschoben werden, der Rest blieb in Deutschland. Legt man diesen Prozentsatz zugrunde, würden von 41 000 Migranten nur rund 3700 abgeschoben werden.
Sprich: Von 120 000 Asylbewerbern würde etwa jeder 33. tatsächlich zurückgewiesen.
„Mit dem Vorschlag der Ampel findet keine einzige Zurückweisung mehr statt als zum heutigen Zeitpunkt“, kritisiert Throm. Nur mit dem Unionsvorschlag sei es möglich, illegale Migration drastisch zu reduzieren: „Zurückweisungen an der Grenze.“ Wer aus einem EU-Land komme, dürfe in Deutschland keinen Asylantrag stellen.
Faeser: Unions-Forderungen unmöglich
Faesers Innenministerium verteidigt den Plan. Auf BILD-Anfrage sagt ein Sprecher, dass damit „keine nationalen Alleingänge und keine riskanten Ausnahmen vom geltenden Recht“ erfolgten.
Der Unionsplan riskiere, dass andere EU-Staaten aufhören würden, Flüchtlinge überhaupt zu registrieren und nach Deutschland durchleiten. Zudem seien die Staaten nicht verpflichtet, „derartige Zurückweisungen aus Deutschland zu ermöglichen“ – und könnten sie verhindern. Dann sei Deutschland machtlos: „Gegen den anderen Mitgliedstaat können Zurückweisungen nicht erzwungen werden.“