Die Fronten sind verhärtet. Während Bald-Kanzler Friedrich Merz (69, CDU) die Lieferung hochpräziser Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine befürwortet, lehnt der künftige Koalitionspartner SPD die Pläne mehrheitlich ab. Aber eine Frage scheint in diesem Streit in den Hintergrund zu rücken: Ist Deutschland überhaupt in der Lage, solche Waffensysteme in großer Zahl zu liefern?
Merz stellte Taurus-Lieferungen zuletzt unter eine Bedingung: Sie müssten „in Abstimmung mit europäischen Partnern“ erfolgen.
SPD-Parteichef Lars Klingbeil (47) säte nun in den Zeitungen der Funke Mediengruppe neue Zweifel: „Wichtige außenpolitische Entscheidungen werden in einer Regierung im Konsens getroffen. In der Union gibt es dazu ja auch keine einheitliche Position.“ In den Koalitionsverhandlungen jedenfalls seien „keine Vereinbarungen über einzelne Waffensysteme getroffen“ worden.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (66, SPD) sagte bei einer Parteiveranstaltung in Hannover, es gebe Argumente für eine Lieferung, aber auch „viele gute“ dagegen. Nicht alle könnten öffentlich gemacht werden. Allerdings wundere er sich, dass hierzulande öffentlich über konkrete Waffensysteme diskutiert werde. Offenbar gebe es ein „erotisches Verhältnis“ zu Waffen in Deutschland.
Aktuell verfügt die Luftwaffe Schätzungen zufolge über 600 „Taurus KEPD-350“, die genaue Zahl hält die Bundeswehr geheim. Allerdings gilt nur etwa die Hälfte als einsatzbereit, weil ein technisches Update aussteht und die Zertifizierung abgelaufen ist.
Die Bundeswehr hat jetzt die Taurus System GmbH (ein Joint Venture der MBDA Deutschland GmbH und Saab Dynamics AB) mit der Modernisierung der Lenkflugkörper beauftragt. Das teilte Saab im März mit. Der Auftragswert liegt bei 150 Millionen Euro, der Vertrag zur Wartung läuft über zehn Jahre.
Pläne für 600 weitere Taurus-Systeme
Medienberichten zufolge plant Pistorius zudem die Anschaffung von 600 weiteren Marschflugkörpern des modernisierten Typs Taurus NEO ab 2029. Kosten: rund 2,1 Milliarden Euro.
Material für die Waffenlieferungen an die Ukraine wäre also vorhanden – wenn die Bundesregierung sich darauf einigt.
Aber ein Problem bleibt: Bislang wurden zumindest in Deutschland keine ukrainischen Soldaten am Taurus ausgebildet. Das geht aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums an den Bundestag Ende 2024 hervor.