Es ist eines dieser ewigen Versprechen der deutschen Politik: weniger Bürokratie, schlanker Staat, mehr Bürgernähe – und das alles digital.
Und – na klar –, das Versprechen findet sich auch in diesem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD wieder. Unterschied: Sie haben sich auf konkrete Maßnahmen geeinigt – und es soll ein eigenes Ministerium für Digitalisierung und Staatsreform geben – mit eigenem Budget ausgestattet.
► Die Idee ist nicht von den drei Parteien – sie stammt von vier Experten, die sich zur Bundestagswahl zu Wort gemeldet hatten: Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (78, SPD), der frühere Kanzleramts- und Innenminister Thomas de Maizière (71, CDU), Andreas Voßkuhle (61), Ex-Präsident des Bundesverfassungsgerichts, und die Medienmanagerin Julia Jäkel (53).
Sie hatten Anfang April einen ganzen Katalog für den Umbau des Staates vorgelegt – und ihn den Koalition-Verhandlern präsentiert. Ihre Forderung: ein anderer Staat – schlanker, schneller, besser, nicht so mies gelaunt und misstrauisch.
Und nun? Vieles davon, sagen sie, finde sich fast wortgleich in dem Koalitionsvertrag – aber eben nicht alles. Und nicht alles so, wie gewünscht.
Aber dann ein dickes „Aber“: „Wir vier finden die Passagen zum Staatsumbau und zur Digitalisierung wirklich nicht schlecht“, sagt Professor Andreas Voßkuhle, einst Deutschlands oberster Richter, im Namen der vier Experten zu BILD. „Natürlich findet man immer Dinge, die fehlen. Aber es sind viele zentrale Treiber für beide Bereiche enthalten.“
Als Beispiele nennt Voßkuhle die Schaffung eines eigenen Ministeriums: „Allein, dass ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung eingeführt wird – und, wie von uns auch gefordert, mit eigenem Budget –, wird viel bewirken in der Bundesverwaltung.“ Andere Beispiele seien die Veränderung des Dienstrechts, das andere Einstiegs- und Wechselmöglichkeiten für Experten schaffe.
Er habe die Hoffnung, dass „endlich bessere Gesetze kommen“. Der Druck, schnell neue Gesetze machen zu wollen, um politisch Vorzeigbares zu haben, habe zu Fällen wie dem Heizgesetz geführt, das schlecht gemacht war und von den Leuten weder verstanden noch angenommen worden sei. Nun habe er Hoffnung, so Voßkuhle: „Die Aufwertung des Gesetzgebungsverfahrens und die teilweise Relativierung des Ressortprinzips, auf das sich die Parteien geeinigt haben, kann eine große Wirkung haben.“
Gemeint: „Projekte sollen nicht mehr erst von einem Ministerium allein vorbereitet werden, bevor andere Ministerien beteiligt werden“. Voßkuhle: „Die Koalition will, was wir gefordert haben: dass von Beginn an Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten – ein Team mit einem Ziel.“
Andere Bereiche aber findet Voßkuhle „unterbelichtet“.
Zum Beispiel: „Die Zusammenlegung von Sozialleistungen, sodass nur noch zwei Ministerien zuständig sind, ist in eine Kommission vertagt worden.“ Seine Prognose: „Da hat die drei Parteien der Mut verlassen.“ Und fast komplett ausgespart worden sei das Verhältnis von Bund und Ländern. Voßkuhle: „An den Föderalismus müssen sie ran – auch die Ministerpräsidenten. Da führt kein Weg dran vorbei.“
Das Gesamturteil der Experten? Voßkuhle: „Wir vier sind verhalten optimistisch.“