Klar ist: Deutschland muss mehr für seine Verteidigung tun. Umstritten in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD ist aber: Soll auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht dabei helfen?
Die Union ist dafür, will die Aufhebung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht beenden. Die Sozialdemokraten fordern dagegen einen freiwilligen neuen Wehrdienst, wie ihn Verteidigungsminister Boris Pistorius (65, SPD) noch zu Ampelzeiten vorgeschlagen hatte. BILD zeigt die Zahlen zur großen Diskussion.
Was machen die anderen?
Auf dem Weg zurück zur Wehrpflicht wäre Deutschland nicht allein. Auch in anderen europäischen Ländern sprechen sich immer mehr Menschen für einen Pflichtdienst aus. Besonders hoch ist die Zustimmung in Frankreich.
Die Dänen sind schon weiter. Hier wurde die Wehrpflicht nie abgeschafft. Sogar junge Frauen sollen ab 2026 antreten müssen. Auch das direkt an Russland grenzende Litauen hat seit 2024 wegen des Überfalls auf die Ukraine wieder eine Wehrpflicht.
Der Blick auf die Karte zeigt: Aktuell haben in der EU nur skandinavische und baltische Staaten sowie Österreich und Griechenland einen verpflichtenden Militärdienst.
Wie ist die Stimmung in Deutschland?
Im April 2024 waren nach dem Pistorius-Vorschlag laut INSA-Umfrage für BILD am Sonntag bereits 46 Prozent der Befragten für eine erneute Wehrpflicht. Inzwischen sind es noch mal drei Prozentpunkte mehr: 49 Prozent befürworten die Wiedereinführung.
Auffällig: Während es bei den Älteren (ab 50 Jahren) eine klare Mehrheit für die Wehrpflicht gibt, lehnen die Jüngeren (18 bis 29 Jahre), die möglicherweise selbst noch ran müssten, den Pflichtdienst mehrheitlich ab.
Ähnlich große Zustimmung wie die Wehrpflicht selbst bekommt die Frage, ob sie dann auch für Frauen gelten soll: 48 Prozent der Befragten sind dafür, nur 35 Prozent dagegen.
Schaut man allerdings nur auf die Antworten der Frauen, gibt es bei ihnen eine knappe Mehrheit gegen den Pflichtdienst für Frauen. Die Hürde für diese Maßnahme ist ohnehin hoch: Für die erforderliche Grundgesetzänderung wäre in Bundestag und Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
Offen ist auch die Frage, wie lange ein Grundwehrdienst dauern sollte. Nach dem Ende des Kalten Kriegs verkürzte sich die Zeit von 15 Monaten im September 1990 auf zuletzt nur noch sechs Monate.
In Jahren vor der Aussetzung der Wehrdienstpflicht stieg auch der Anteil der Ausmusterungen.
Wie viele Soldaten brauchen wir?
Aktuell arbeiten bei unseren Streitkräften 182.857 aktive Soldatinnen und Soldaten und rund 80.000 Zivil-Angestellte. Insgesamt gut 260.000 Personen. Carsten Breuer (60), der Generalinspekteur der Bundeswehr, hält für die zukünftige größere Rolle Deutschlands in der Nato 460.000 Soldatinnen und Soldaten für nötig.