Mahnende Worte an den kranken Bayern-Star Aleksandar Pavlovic (20) – und Kritik an den Aussagen von Bundestrainer Julian Nagelsmann (37)!
Ex-Bundesliga-Profi Olaf Bodden (56) weiß, wie tückisch Pfeiffersches Drüsenfieber ist. Die Stürmer-Legende von 1860 München erkrankte 1996 an der Virus-Infektion. Knapp ein Jahr später musste er seine Karriere mit nur 29 Jahren beenden, weil er wieder zu früh gespielt hatte. Bis heute leidet er an den Folgen – am Chronischen Erschöpfungs-Syndrom.
Pavlovic fehlt seit zwei Wochen, verpasste vier Spiele. Der DFB-Star kuriert daheim sein Pfeiffersches Drüsenfieber aus, wird engmaschig von den Ärzten überwacht. Nach BILD-Informationen soll er noch mindestens zwei Wochen fehlen – auf jeden Fall so lange, bis die Blutwerte wieder in Ordnung sind.
Wegen Pavlovic! Legende Bodden kritisiert Nagelsmann
Ausgerechnet jetzt machte ihm Nagelsmann (hatte selbst mal Pfeiffersches Drüsenfieber) eine Spielzeiten-Ansage für die kommenden Monate: „Pavlo spielt zu wenig.“
Im BILD-Interview spricht Löwen-Legende Bodden über die Bundestrainer-Ansage, seinen Rat an Pavlovic und die eigene Leidenszeit!
BILD: Herr Bodden, was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie erfahren haben, dass Pavlovic am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt ist?
Olaf Bodden: „Das Erste, was in mir aufkam, war die Hoffnung, dass Aleks ein gutes Umfeld hat, das ihn nicht unter Druck setzt. Das wäre nämlich sehr gefährlich. Dafür bin ich das beste Beispiel.“
BILD: Bundestrainer Nagelsmann hat nach Bekanntwerden der Diagnose erklärt, dass Pavlovic aufgrund seiner zahlreichen Ausfälle (auch noch Schlüsselbeinbruch und Mandel-OP) zuletzt aus seiner Sicht zu wenig gespielt habe. Wie bewerten Sie diese Aussagen?
Bodden: „Aussagen wie diese sind sehr gefährlich! Das setzt Aleks nämlich unter einen Druck, den er nicht brauchen kann. Dazu kommt, dass Aleks gar nichts für seine Erkrankung kann. Er ist doch der Erste, der unbedingt spielen möchte, um große Erfolge mit dem FC Bayern und dem DFB zu feiern! Deshalb finde ich die Aussagen von Nagelsmann überhaupt nicht gut.“
BILD: Sie hat die Krankheit eine große Karriere als Profi-Fußballer gekostet.
Bodden: „Genau. Ich bin 1996 vor einem Pokalspiel mit 1860 München morgens aufgewacht und hatte Halsschmerzen, die Gelenke taten weh – ich fühlte mich total schwach. Es fühlte sich an wie eine extrem starke Grippe, nur ging sie nicht mehr weg. So wird es Aleks wohl auch gegangen sein.“
BILD: Wie ging es bei Ihnen dann weiter?
Bodden: „Meine Nachbarin riet mir nach einigen Wochen dazu, mich auf das Pfeiffersche Drüsenfieber untersuchen zu lassen. Bis dahin kannte ich das gar nicht. Und als ich mit dem Rat zu unserem Mannschaftsarzt ging, stellte er genau das fest. Nach der Diagnose haben mein Umfeld und ich aber einen fatalen Fehler gemacht.“
BILD: Welchen?
Bodden: „Der Trainer, meine Teamkollegen und auch mein Vater haben mir Druck gemacht, wieder zu spielen. Und ich habe dem nachgegeben, weil ich 1860 helfen wollte und kurz davorstand, deutscher Nationalspieler zu werden. Bundestrainer Berti Vogts motivierte mich, indem er sagte, ich würde bei guten Leistungen mit zur WM 1998 in Frankreich fahren. Ich habe deswegen nach ein paar Wochen Pause schon wieder gespielt. Mir ging es auch besser, aber ich habe gespürt, dass es noch nicht ganz weg war.“
BILD: Dann kamen die Symptome wieder.
Bodden: „Die Krankheit war voll zurück. Und so ging es weiter: Nach Rückschlägen habe ich zu früh wieder gespielt und gute Leistungen gebracht. Im Anschluss erlitt ich aber immer wieder Rückschläge. Ende 1997 habe ich dann gesagt, dass es so nicht mehr weitergeht und meine Karriere beendet. Ich bin einfach nicht mehr auf die Füße gekommen.“
BILD: Die Krankheit wurde chronisch.
Bodden: „Richtig. In der Regel kuriert der Mensch diesen Virus vollständig aus. Das klappt aber nur, wenn man dem Körper die nötige Ruhe und Zeit gibt, sich komplett zu erholen. Da muss Aleks höllisch aufpassen! Ich habe den Fehler gemacht, mich zu schnell wieder schwer zu belasten.“
BILD: Was würden Sie Pavlovic raten, um keine längerfristigen Probleme mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber zu bekommen?
Bodden: „Aleks sollte ausschließlich auf sich hören – nicht auf seinen Trainer, seine Teamkollegen, seine Familie und auch nicht nur auf die Ärzte. Das Tückische an der Krankheit ist nämlich, dass von außen niemand beurteilen kann, wann sie vollständig geheilt ist. Ich bin überzeugt, dass das auch nicht allein anhand der Blutwerte festgestellt werden kann. Der Einzige, der sagen kann, wann er wieder komplett fit ist, ist Aleks selbst. Dafür muss er ehrlich in seinen Körper hineinhören, ohne sich Druck zu machen. Gegen die Symptome anzukämpfen, bringt nichts, ganz im Gegenteil!“
BILD: Also sollte er Pause machen, solange er nicht wieder bei 100 Prozent ist?
Bodden: „Auf jeden Fall. Er ist noch so jung – da wäre es ärgerlich, wenn er mehrere Monate pausieren muss. Aber auch dann hätte er noch viel Zeit, eine große Karriere zu machen. Die möglichen Folgen eines überstürzten Comebacks können viel schlimmer sein als einige Zeit ohne Fußball!“
BILD: Zum Schluss noch das Wichtigste: Wie geht es Ihnen aktuell?
Bodden: „Es ist ja bekannt, dass ich 2012 ein Medikament genommen habe, von dem ich mir die Heilung des Pfeifferschen Drüsenfiebers erhofft habe. Es bekämpfte zwar die Symptome, schaltete aber mein Immunsystem gegen das Epstein-Barr-Virus aus, das sich dann in meinem ganzen Körper verbreiten konnte. Dadurch konnte ich plötzlich nicht mehr laufen, kaum noch meinen Körper bewegen, weil dieser so geschwächt war. Seitdem bin ich auf einen Rollstuhl angewiesen, ich konnte einst nicht mal meine Zähne putzen, weil mir die Kraft fehlte, um die Bürste zu halten.“
BILD: Aber es gibt Hoffnung auf Besserung?
Bodden: „Ja. Jahr für Jahr kommt mein Immunsystem stückchenweise wieder und bekämpft den Virus. Deshalb bekomme ich mittlerweile wieder die typischen Grippesymptome – aber ich kriege auch wieder etwas Kraft, mit der ich dagegen ankämpfen kann. Die Grippe-Symptome werden irgendwann mal ganz schlimm, mir wird es Elend gehen. Aber, wenn ich das dann überstanden habe, gibt es Hoffnung, dass ich wieder zu deutlich mehr Kräften komme. Ganz gesund werde ich nicht mehr, aber vielleicht kann ich dann wieder ein bisschen laufen und Autofahren – solche Sachen gingen in den vergangenen Jahren gar nicht mehr. Das würde mich sehr freuen.“