Bemerkenswerte Einsichten von Arndt G. Kirchhoff (70), Präsident der mächtigen NRW-Unternehmerverbände: Im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen in Berlin fand er heute auffallend positive Worte für die SPD!

Der Grund: Die Sozialdemokratie habe starke industriepolitische Wurzeln und immer die Bedeutung einer starken Industrie für den Wohlstand des Landes verstanden, so Kirchhoff. Wirtschaftspolitisch setze er ausdrücklich auch auf die SPD. Für sie sei es jetzt an der Zeit, sich von der „teilweise planwirtschaftlichen Wirtschaftspolitik von Robert Habeck zu lösen“ und auch wieder mehr Politik für ihre eigentlichen Wähler zu machen. Kirchhoff: „Wenn die SPD bei Arbeitern weit abgeschlagen auf Platz 3 liegt, dann kann doch etwas nicht stimmen.“

Eindringlich warnte er die Partei angesichts der Stimmenverluste an CDU und AfD, „ihr Heil darin zu suchen, noch weiter nach links zu rücken.“

„Keine Zeit zu verlieren“

Was der Präsident des Spitzenverbandes von 80.000 NRW-Betrieben mit drei Millionen Beschäftigten der neuen Bundesregierung jetzt schon ins Stammbuch schrieb:

► Die Industrieproduktion in Deutschland ist seit 2018 um 18 Prozent gesunken, weltweit aber um elf Prozent gestiegen. In den Ampeljahren habe es einen Kapitalabfluss von 300 Millionen Euro gegeben. Kirchhoff: „Das Geschäftsmodell Deutschland steht auf dem Spiel. Wir müssen das Ruder schnellstens herumreißen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“

► Ein Kontrastprogramm zur Ampel müsse her, ein Befreiungsschlag. Über neue Schulden allein könnten die Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit aber nicht gelöst werden: „Es muss trotzdem im Haushalt gespart und es müssen klare Prioritäten gesetzt werden.“ Die Milliarden-Beschlüsse von gestern – sie dürften „kein finanzpolitischer Blankoscheck“ sein.

► Ein „Generalschlüssel“ für die Wirtschaft sei das Thema Energie. Wenn es bei den Preisen für Strom und einer sicheren Stromversorgung keine Lösung gebe, werde Deutschland bald kein Industrieland mehr sein. Der Strompreis müsse auf 6 Cent begrenzt werden.

„Eine Katastrophe“

Fassungslos reagierte Kirchhoff als er über die von der abgelösten Bundesregierung und Minister Robert Habeck (Grüne) nicht auf den Weg gebrachten – lange angekündigten – Gaskraftwerke sprach, die für Energiewende und eine stabile Stromversorgung unerlässlich sind. Kirchhoff: „Eine Katastrophe! Ich unterstelle fast Absicht, ich begreife es nicht.“