Neben Parlamenten und Regierungen gelten Gerichte in Deutschland als Säulen der Demokratie. AfD-Mitgliedern in Sachsen-Anhalt soll künftig der Parteiausschluss drohen, wenn sie bei einer innerparteilichen Streitigkeit öffentliche Gerichte einschalten. Eine entsprechende Satzungsänderung soll der AfD-Landesparteitag am Sonntag in Magdeburg beschließen.
Unter dem Punkt Ordnungsmaßnahmen werden vier Veränderungen gefordert. Eine betrifft ein Parteimitglied, das „in einer Streitigkeit öffentliche Gerichte anruft, bevor der Instanzenzug der parteiinternen Gerichtsbarkeit ausgeschöpft ist“.
Eingebracht wurde der Vorschlag von Landesparteichef Martin Reichardt (55), elf weiteren Mitgliedern des Landesvorstandes und neun Kreisverbänden.
„Gerichte greifen ohne Not in parteiinterne Vorgänge ein“
▶︎ In der Begründung heißt es: „Leider haben gerade in der letzten Zeit einige Gerichte … ohne Not tief in parteiinterne Vorgänge eingegriffen“. Und weiter: „Um sich dagegen zu schützen, erscheint es geboten, eine missbräuchliche Anrufung öffentlicher Gerichte zumindest durch Ordnungsmaßnahmen zu ahnden.“ Gemeint: Parteiausschluss.
▶︎ Auslöser ist vermutlich ein im Januar am Landgericht Magdeburg ergangenes Anerkennungsurteil, initiiert von dem am Sonntag mit 43,8 Prozent direkt gewählten AfD-Bundestagsabgeordneten Kay Uwe Ziegler (61). Der hatte den Landesvorstand verklagt, weil der seine Kandidatur nicht unterschreiben wollte. Am Ende schalteten sich sogar Alice Weidel (46) und Tino Chrupalla (49) in den Vorgang ein und drohten dem Landesvorstand mit Amtsenthebung.
„AfD diskreditiert sich als Rechtsstaatspartei“
▶︎ Die Begründung der Satzungsänderung sorgt für große Verärgerung beim Bund der Richter und Staatsanwälte in Sachsen-Anhalt. Für Landeschef Christian Löffler diskreditiert sich die AfD als Rechtsstaatspartei, wenn sie „der dritten Gewalt den Fehdehandschuh in einem einzigen Antrag gleich zweimal ins Gesicht wirft“.
Löffler fragt in einer Stellungnahme: „Wie kann es sich um unzulässige Einmischung handeln, wenn angerufene Gerichte ihre Arbeit tun und auf der Grundlage geltenden Rechts handeln?“
Wie der Parteitag am Sonntag entscheidet, ist offen. Möglicherweise kassiert der Bundesvorstand auch diesen Antrag in letzter Minute – wie im August 2024, als der Landesparteitag den Verzicht auf Direktkandidaten beschließen sollte.