Was ein guter Deal ist, hängt entscheidend davon ab, auf welcher Seite man steht. Es gibt Deals, von denen beide Seiten profitieren – der eine bekommt Geld, der andere eine Ware. Es gibt aber auch solche, bei denen der eine vom anderen über den Tisch gezogen wird. Letzteres erinnert fatal an das Buch von US-Präsident Donald Trump, dessen Titel sich am besten frei mit „Die Kunst des Geschäftemachens“ übersetzen lässt. Bei solchen Geschäften gibt es immer einen Verlierer.
In den vergangenen Wochen drängte Trump mehrfach den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dazu, einen ganz speziellen Deal zu unterzeichnen. Dessen unmittelbaren Abschluss er am Montag im Weißen Haus verkündete: „Wir stehen kurz davor. Es wird ein Deal mit Seltenen Erden und mehreren anderen Dingen“, sagte Trump. Selenskyj solle bald ins Oval Office kommen und unterschreiben.
Der Deal, um den es geht, enthält einige Merkwürdigkeiten. Selenskyj erkauft sich damit offenbar vor allem Wohlwollen von Washington. Mit dem Abkommen soll die Ukraine die Hälfte ihrer Einnahmen aus künftigen Geschäften mit staatlich kontrollierten Rohstoffen in einen Fonds einzahlen, an dem die USA die Mehrheit halten. Das Geld würde dann in Projekte in der Ukraine investiert. Von Sicherheitsgarantien für das Land ist in dem Vertrag nicht die Rede, wie die berichtet.
Was die Sache besonders skurril macht, sind die Seltenen Erden, für die Trump offenbar eine regelrechte Obsession entwickelt hat – und die er in großer Menge in der Ukraine vermutet. Seltene Erden sind Elemente mit Namen wie Dysprosium, Samarium oder Terbium. Sie werden unter anderem für die Herstellung von Batterien, Speicherchips oder Magneten gebraucht. Und es scheint Trump nicht zu gefallen, dass ausgerechnet China den Markt dafür dominiert. Die größten Vorkommen dieser begehrten Rohstoffe lagern in der Volksrepublik – rund 44 Millionen Tonnen. Auf Platz zwei und drei der Länder mit den höchsten Reserven stehen Vietnam (22 Millionen Tonnen) und Brasilien (21 Millionen Tonnen). Russland hat geschätzte Vorkommen in Höhe von 10 Millionen Tonnen.
Ein Land allerdings verfügt kaum über Seltene Erden: die Ukraine. So schreiben es zumindest Trumps eigene Beamte vom US Geological Survey. Das ist eine Behörde, die unter anderem Studien zu weltweiten Rohstoffvorkommen erstellt. Jährlich veröffentlicht sie den Forschungsstand hinsichtlich der Seltenen Erden. Die jüngste Aufstellung aus diesem Jahr umfasst gerade mal zwei Seiten. Darauf stehen die Namen der Länder mit bedeutenden Vorkommen – die Ukraine taucht nicht auf der Liste auf. Auch in einer Studie der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe wird sie nicht genannt.
Die Untersuchung seiner eigenen Behörde scheint Trump nicht gelesen zu haben. Anfang Februar sagte er, die Ukraine verfüge über „sehr wertvolle Seltene Erden“ und diese wolle er haben, um sie im Rahmen eines Deals gegen die US-Militärhilfe zu verrechnen. Kurz darauf forderte er in einem Fernsehinterview von der Ukraine sogar, den USA Seltene Erden im Wert von sagenhaften 500 Milliarden Dollar zu liefern, für ergangene Militärhilfe. Eine komplett illusorische Forderung: Die weltweite Jahresproduktion solcher Mineralien ist gerade einmal 15 Milliarden Dollar wert, wie der Finanzinformationsdienst berechnet hat.
All das heißt aber nicht, dass es in der Ukraine für Trump mit dem Deal nichts zu holen gäbe. In dem Land wird Erdgas gefördert. Und in den dortigen Bergwerken werden zahlreiche Rohstoffe abgebaut, etwa Steinkohle, Eisenerz und Lithium. Allerdings befinden sich nicht wenige der Lagerstätten in den von Russland eroberten Gebieten.
Das amerikanische Interesse an den Rohstoffen der Ukraine wurde mittlerweile auch in Moskau zur Kenntnis genommen. Und wie es der Zufall will, äußerte sich Russlands Staatschef Wladimir Putin ausgerechnet an jenem Tag dazu, an dem Trump den Deal mit Selenskyj ankündigte.
Nun war es der Autokrat aus dem Kreml, der einen Deal vorschlug – und zwar Trump. „Ich will betonen, dass wir mit Sicherheit mehr von diesen Ressourcen haben als die Ukraine“, sagte Putin in einem Interview mit dem Staatsfernsehen. Er würde sogar US-Konzernen erlauben, Rohstoffe in den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine zu fördern. Das wiederum wäre ein teuflischer Deal: eine Einladung an die USA, gemeinsam mit Russland die Ukraine zu plündern.