Die USA bringen einen abgeschwächten Resolutionsentwurf zum
Ukrainekrieg in die UN-Vollversammlung ein. Das Papier nennt weder Russland explizit
als Aggressor noch fordert es einen Rückzug russischer Truppen von ukrainischem
Staatsgebiet. Der Vorschlag gilt als Gegenentwurf zu einem von der Ukraine und
der EU erarbeiteten Resolutionsentwurf, über den die UN-Vollversammlung
eigentlich am Montag, dem dritten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine, abstimmen sollte.
Der US-Text mit dem Titel „Der Weg zum Frieden“ beklagt
den Verlust von Menschenleben während des „russisch-ukrainischen
Konflikts“ und bekräftigt, „dass der Hauptzweck der Vereinten
Nationen darin besteht, den internationalen Frieden und die Sicherheit zu
wahren und Streitigkeiten friedlich beizulegen“. Außerdem wird „eine
rasche Beendigung des Konflikts angemahnt und ein dauerhafter Frieden zwischen
der Ukraine und Russland gefordert“.
UN-Botschafter der EU-Staaten treffen sich zu Notfallsitzung
Russlands UN-Vertreter Wassili Nebensja lobte das Vorgehen
der USA als „guten Schritt“. Diplomaten zufolge wollten die EU-Botschafter
bei den Vereinten Nationen noch am Freitagabend zu einer Notfallsitzung
zusammenkommen, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Westliche Diplomatinnen und Diplomaten hatten bereits befürchtet, dass die USA den ursprünglichen Resolutionsentwurf nicht
unterstützen würden.
Richard Gowan von der International Crisis Group (ICG) sagte dagegen, ein derart reduzierter Text, der weder die russische Aggression verurteile noch ausdrücklich auf die territoriale Integrität der Ukraine Bezug nehme, „wirkt wie ein Verrat an Kyjiw und ein Seitenhieb auf die EU, aber auch wie eine Missachtung zentraler Prinzipien des Völkerrechts.“
US-Präsident Donald Trump hat seine Rhetorik gegenüber der
Ukraine zuletzt deutlich verschärft und sich dem russischen Präsidenten Wladimir
Putin angenähert. Dabei bezeichnete er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj als „Diktator“, sagte, dass er die Kriegsschuld bei der ukrainischen
Regierung sehe, und bahnte Friedensgespräche mit Russland in Abwesenheit der
Ukraine an.
Jedoch widerspricht sich der US-Präsident auch immer wieder
in seinen eigenen Aussagen. Konträr zum nun eingebrachten Resolutionsentwurf
sagte Trump am Freitag in einem Interview des Senders Fox News, dass Russland
der Aggressor in dem Konflikt gegen die Ukraine ist. „Sie wurden von jemandem
angegriffen, der viel größer und viel stärker ist, was etwas Schlimmes ist und
was man nicht tut.“
Zum ersten Jahrestag noch große Mehrheit für Rückzugsforderung an Russland
Trumps Amtsvorgänger Joe Biden hatte in den vergangenen
Jahren bei den Vereinten Nationen für die Unterstützung der Ukraine geworben
und auch Druck ausgeübt, um Russland so weit wie möglich zu isolieren. Unter Biden waren die USA auch der stärkste Unterstützer der Ukraine, was Waffenlieferungen angeht.
Im vergangenen Jahr hatte es in der Vollversammlung keine
Abstimmung einer Resolution gegen Russland gegeben – aus Sorge, sie könnte wenig
Unterstützung finden. Im Februar 2023 hatten noch 141 der 193 Mitgliedstaaten
für einen Beschluss gestimmt, der Russlands Präsidenten Putin zum Rückzug
seiner Truppen aufforderte.