Das letzte große TV-Duell vor der Bundestagswahl ist gelaufen. Für die beiden Kandidaten ging es darum, die Millionen noch unentschlossenen Wähler zu überzeugen. Beide hatten viele Zahlen mitgebracht – doch wie viel davon ist wahr?
Im Kanzler-Duell „Das Finale“ stellten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Unions-Kandidat Friedrich Merz (CDU) den Fragen von BILD-Chefredakteurin Marion Horn und WELT-Chefredakteur Jan Philipp Burgard. Bei den wichtigsten Themen Migration, Bürgergeld und Steuern lieferten sie sich einen heftigen Schlagabtausch.
BILD checkt, welche Zahlen von Merz und Scholz wirklich stimmten!
OLAF SCHOLZ
Irreguläre Migration
„Wir haben letztes Jahr einen Rückgang von 100.000 gehabt.“
Falsch! 2024 lag die Zahl der polizeilich erfassten unerlaubten Einreisen nach Deutschland bei knapp 84.000 – ein Rückgang um 44.000 zum Vorjahr. Die Anzahl ist laut Bundespolizei von 2021 bis 2023 stark angestiegen (von 58.000 auf 128.000).
Wahlprogramm-Kosten
„Das Programm der FDP kostet, glaube ich, 170 (Milliarden Euro).“
Das stimmt nicht ganz. Laut einer Berechnung des IW Köln sind im Programm der Liberalen Ausgaben und Steuer-Einsparungen vorgesehen, die 138 Milliarden Euro kosten sollen.
Abschiebungen
„Die Steigerung um 70 Prozent, die ich erreicht habe seit Beginn meiner Kanzlerschaft, reicht bei weitem nicht aus, weil es immer noch viel zu wenige sind.“
Korrekt. Laut Zahlen des Bundesinnenministeriums (BMI) wurden im Jahr 2021 (vor Scholz‘ Amtszeit) 11.982 Personen aus Deutschland abgeschoben. Im Jahr 2023 lag die Zahl der Abschiebungen bei 16.430, vergangenes Jahr bei 20.084. Das ist ein Anstieg um 67,6 Prozent.
ABER: Der Anstieg hängt auch mit dem starken Anstieg bei der irregulären Migration zusammen (siehe oben). Laut Innenministerium lebten Ende 2024 in Deutschland insgesamt rund 221.000 ausreisepflichtige Ausländer; davon waren circa 179.000 (81 Prozent) Geduldete.
FRIEDRICH MERZ
Abschiebungen
„Es kommen heute in vier Tagen so viele neu wie in einem ganzen Monat abgeschoben werden.“
Das stimmt. Im Schnitt wurden 2024 monatlich 1674 Menschen abgeschoben. Vergangenes Jahr sind 165.775 Menschen nach Deutschland eingewandert – vier Tagen etwa 1800 Menschen.
Insolvenzen
„Wir haben die größte Unternehmens-Pleitewelle seit Jahrzehnten. 50.000 Unternehmen sind in der Zeit, in der sie im Amt sind, in die Insolvenz gegangen, davon fast die Hälfte allein im letzten Jahr.
Die Zahl ist in etwa korrekt, „seit Jahrzehnten“ ist aber falsch. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet für das vergangene Jahr mit 22.400 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Das wäre der höchste Stand seit 2015.
Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sich die Fallzahlen um 24,3 Prozent. 2022 gab in Deutschland 14.590 Insolvenzen, 2023 waren es 17.814. 2004 lag die Zahl noch bei fast 40.000.
Wachstum
„Eine schrumpfende Volkswirtschaft mit 30 Prozent plus Steuern bedeutet am Ende weniger Steuereinnahmen für den Staat als eine wachsende Volkswirtschaft mit 25 Prozent.“
Stimmt das? Kann der Staat durch Steuersenkungen seine Steuereinnahmen wirklich erhöhen? Auf das Wachstum kommt es an!
Wirtschaftsweise Prof. Veronika Grimm zu BILD: „Mit Blick auf die mittlere Frist ist das sicher richtig. Es hängt natürlich davon ab, wie viel Wachstum man tatsächlich generieren kann mit Steuersenkungen und wann es eintritt. Aber klar ist, dass Steuersenkungen nötig sind, damit der Standort attraktiver wird und das Wachstum zurückkommt. Nur so kann man am Ende auch die Finanzierungsspielräume des Staates verbessern.“