Göppingen (Baden-Württemberg) – Für eine Gerichtsverhandlung ist er angeblich zu krank. Im Café und bei Ausflügen geht es ihm aber richtig gut. Ein schwäbischer Stadtrat lässt die Justiz komplett auflaufen!

Seit 2017 ist Lokalpolitiker Christian Stähle (65, Linke) am Amtsgericht Göppingen (Baden-Württemberg) angeklagt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Vereiteln der Zwangsvollstreckung, Untreue, Diebstahl, Sachbeschädigung und falsche Versicherung an Eides statt vor.

Stähle soll u. a. eine Vermieterin geprellt und Untermietern Geld vorenthalten haben. Er bestreitet die Vorwürfe. Doch zu einem Prozess kommt es seit acht Jahren nicht.

Eine Krankmeldung nach der anderen

Jedes Mal, wenn das Amtsgericht den Prozess gegen Stähle terminiert, meldet sich der Linken-Politiker krank. So auch am Montag, als die Richterin den siebten Anlauf wagte. Auf BILD-Anfrage zeichnet Stähle von sich das Bild eines todkranken Mannes: „Ich hatte einen äußerst schweren Infarkt mit sechsstündiger Not-OP, bin schwer herzkrank.“

Sein Zustand habe sich derart verschlechtert, dass er zu mehreren Untersuchungen ins Krankenhaus müsse. Stähle: „Mein Kardiologe hält einen Prozess für lebensbedrohlich.“

Kranker Politiker nimmt an Sitzungen teil

Aber: Am 30. Januar nahm Stähle ganz normal an einer Sitzung des Göppinger Gemeinderats teil. Nach Angaben von Ratskollegen entwickelte Stähle prächtigen Appetit, er habe sich ausgiebig mit dem Gratis-Büfett beschäftigt. SPD-Stadtrat Armin Roos (63): „Als er nach einer Stunde etwas sagen sollte, hatte er noch den Mund voll.“

Zudem nimmt Stähle an Rats-Ausflügen teil, so wie im November 2022 nach Klosterneuburg (Österreich). Mehrmals pro Woche soll er in seinem Stammcafé am Göppinger Marktplatz sitzen und vorbeilaufende Bekannte freudig grüßen, berichtet Stadtrat Roos.

Ratssitzungen gegen Depression?

Seine Teilnahme an Ratssitzungen (Gemeinde- und Kreisrat) erklärte Stähle gegenüber BILD im Jahr 2023 so: „Mein Therapeut hat mir das empfohlen, damit ich wegen meiner vielen Beschwerden nicht depressiv werde.“

Übel gelaunt sind dagegen Stähles Gläubiger. Im Schuldnerverzeichnis hat der Politiker fünf Eintragungen – u. a. wegen Verweigerns der Vermögensauskunft. Laut Gerichtsvollzieher ist die „Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen“.