Die Nachricht krachte mitten in den SPD-Wahlkampf: Kanzler Olaf Scholz (66, SPD) hat bei einer Party den CDU-Politiker Joe Chialo (54) als „Hofnarren“ beschimpft. Als der „Focus“ den Vorfall am späten Vormittag veröffentlichte, war in der SPD Alarmstimmung.
BILD dokumentiert, wie die Sozialdemokraten auf die Hofnarr-Krise reagieren:
► Sofort begann die Krisenkommunikation. Was die Wahlkampfleitung im Artikel des Magazins besonders alarmierte: Dass ausgerechnet der SPD-Kanzlerkandidat einen schwarzen CDU-Politiker rassistisch beleidigt haben soll.
► Das Willy-Brandt-Haus nahm Kontakt mit Scholz auf. Direkt nach dem Gespräch wurde kurz nach Mittag das Büro von Chialo, Kultur-Senator in Berlin, angefunkt mit der Bitte um ein Telefonat: Der Kanzler würde sehr gerne mit Chialo sprechen.
► In einer Chat-Gruppe der SPD-Fraktion meldeten sich einige Abgeordnete aufgeregt zu Wort: Was an der Geschichte dran sei?
► In der Parteizentrale versuchten Genossen, die Vorgänge möglichst genau zu rekonstruieren. Es wurde nach Scholz auch mit anderen Partygästen gesprochen. Ein Genosse: „,Hofnarr‘ – das ist Olaf Scholz, der in privaten Runden gerne mal deutliche Worte sagt – zuzutrauen. Aber dass er das auf die Hautfarbe seines Gesprächspartners bezieht? Niemals! Scholz ist alles, aber kein Rassist.“
SPD geht zur Gegenwehr über
► Langsam ging die SPD zur Gegenwehr über. Die Medienrechtskanzlei „Schertz Bergmann“ wurde am frühen Nachmittag eingeschaltet. Denn Scholz bestritt vehement den Rassismus-Vorwurf des „Focus“. Es sei nicht um Hautfarben gegangen, sondern um Chialos liberale Haltung.
Ein anderer Partygast bestätigte die Scholz-Darstellung. „Schertz Bergmann“ bereitete rechtliche Schritte vor.
► Um 14.58 Uhr ging Scholz selbst in die Offensive, erklärte über eine Mitteilung der SPD: „Hofnarr“ sei kein rassistisch benutzter Begriff und auch von ihm nie so verwendet worden. „Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert. Persönlich schätze ich Joe Chialo gerade als eine wichtige liberale Stimme in der Union.“
Ein Telefonat zwischen den beiden Politikern hat aber immer noch nicht stattgefunden.
► Bei den SPD-Abgeordneten beruhigt sich die Stimmung, im Chat wird es ruhig.
► Um 16.58 Uhr teilte die SPD mit: Scholz hat mit Schertz Bergmann rechtliche Schritte gegen den „Focus“ eingelegt. Der SPD-Generalsekretär teilte aus: „Focus Online rückt die Aussage von Olaf Scholz bewusst in einen rassistischen Kontext, obwohl er klargestellt hat, dass dieser Vorwurf absurd ist. Das ist keine seriöse Berichterstattung, sondern gezielte Kampagnenarbeit im Sinne der CDU.“
Es sei bereits das zweite Mal, dass Focus Online eine haltlose Attacke gegen die SPD und den Kanzlerkandidaten fahre.
Merz fordert eine Entschuldigung
► CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz greift Scholz für sein Benehmen scharf an, fordert eine Entschuldigung bei Chialo. Doch das Telefonat wurde auf den Abend verschoben. Führende Genossen registrieren aber: Merz erhebt nicht den Rassismus-Vorwurf.
► Das Anwaltschreiben wird in der SPD-Chat-Gruppe geteilt. Eine Abgeordnete: „Uns ist im bisher heftigen Wahlkampf klar, dass das eine böswillige Kampagne vom Focus und von der CDU ist.“
► Scholz zeichnete um 18 Uhr eine Talkshow des „Spiegel“ auf: Der Vorwurf mache ihn „persönlich betroffen“.
► Um kurz vor 20 Uhr telefonierten Scholz und Chialo nach BILD-Informationen miteinander.
BILD-Fazit: Die SPD hält am Krisentag die Reihen hinter Scholz geschlossen. Zumindest bis zum Wahlabend. Wenn es da dann richtig schiefgeht, bricht der Machtkampf los. Allerdings ohne Scholz, der ist dann raus.