Am Wochenende tagt die Münchner Sicherheitskonferenz. Es geht, mehr denn je, um nichts weniger als den Weltfrieden, die Kriege und Konflikte in der Ukraine, in Nahost – und um ein mögliches Ende des Mordens.

Da meldet sich, wie aus dem Nichts, eine Organisation namens „Germanwatch“, die – gefördert mit staatlichem Geld – davor warnt, dass beim diesjährigen Sicherheitstreffen „eine der weltweit größten Bedrohungen für die internationale Sicherheit“ ignoriert werde: Der Klimawandel! Der gefährde weltweit „die Stabilität von Staaten und Gesellschaften sowie des Finanzsystems“.

„Die Staats- und Regierungschefs auf der Münchner Sicherheitskonferenz können die sicherheitspolitischen Herausforderungen nicht diskutieren, ohne auch den Klimawandel zu adressieren“, konstatiert Germanwatch.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (44, Grüne) sieht das im „Spiegel“ auch so: „Wer Klimaschutz schleifen lässt“, sagt Baerbock, „setzt die globale Sicherheit aufs Spiel.“ Die Klimakrise sei „die größte Sicherheitsgefahr unserer Zeit“.

Aber stimmt das? Dass der Klimawandel große Auswirkungen auf das Leben von Menschen hat, ist unbestritten. Aber führt er auch tatsächlich zu (noch mehr) Kriegen?

Nein, sagt WELT*-Klimaexperte Axel Bojanowski (54). Er hat sich die Zahlen von Germanwatch („Klimaschäden weltweit mehr als 4,2 Billionen!“ – „800.000 Tote durch Wetterextreme“) angesehen und mit Fakten u. a. des UN-Klimarats verglichen.

Die Analyse des Klima-Experten

► Klima als Sicherheitsrisiko?

Bojanowski: „Germanwatch suggeriert, der Klimawandel stelle bereits ein sicherheitspolitisches Risiko dar. Der UN-Klimarat aber widerspricht: ‚Derzeit liegen keine ausreichenden Belege vor, um bewaffnete Konflikte auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen‘, bilanziert sein aktueller Sachstandsbericht.“

Im Vergleich zu gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen sei „der Einfluss des Klimas auf Konflikte als relativ schwach“ einzuschätzen, zitiert Bojanowski den UN-Klimarat.

► Mehr Wettertote?

Bojanowski: „Germanwatch listet Wetterkatastrophen auf und stellt sie in Zusammenhang mit dem Klimawandel. Zwar hat die Klimaforschung gut belegt, dass die globale Erwärmung manche Arten von Extremwetter befördern wird, etwa Hitze und Starkregen. Ob aber aus einem Extremereignis eine Katastrophe wird, hängt wesentlich von Vorwarnung und Vorsorge ab.

Der Trend ist positiv: Die Zahl der Menschen, die bei Wetterkatastrophen getötet wurden, ist seit dem 19. Jahrhundert stark zurückgegangen, obwohl es viermal so viele Menschen gibt. Der Grund: besserer Schutz vor Wetter. Nie waren wir sicherer vor dem Wetter als heute.“

► Mehr Wetterschäden?

Bojanowski: „Germanwatch suggeriert, Wetterschäden würden zunehmen aufgrund des Klimawandels. Zwar haben die Schadenssummen der Versicherungen für Wetterereignisse zugenommen. Aber die höheren Kosten gehen auf Inflation und das Wachstum der Ortschaften zurück. Früher traf etwa ein Hurrikan in Florida auf leere Strände, heute stehen dort Hunderte Hotels.

Den Wertzuwachs einberechnet sind Unwetter nicht zerstörerischer als früher. Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung zeigen die Schadenssummen von Wetterextremen einen fallenden Trend.“

► Mehr Katastrophen?

Bojanowski: „Germanwatch suggeriert, die Welt würde vermehrt von Wetterkatastrophen heimgesucht. Zwar ist die Zahl registrierter Katastrophen bis zur Jahrtausendwende gestiegen, doch das lag daran, dass früher die meisten Desaster nicht gemeldet wurden. Seit 25 Jahren nehmen Handys das meiste auf, und seither gibt es keinen Anstieg mehr.“

„Irreführende Darstellungen“

Fazit des WELT-Experten: Die globale Erwärmung berge zweifellos große Risiken für Wetter, Meeresspiegel, die Eismassen und Nord- und Südpol.

ABER, so urteilt Bojanowski: „Der ‚Klima-Risiko-Index‘ von Germanwatch ist eine PR-Aktion einer teils mit Steuergeldern finanzierten Organisation, der es mit irreführenden Darstellungen zum Klimawandel gelingt, große Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, kostenlos Eigenwerbung in vielen großen Medien zu bekommen. Das halte ich für hochproblematisch.“

*WELT gehört, wie BILD, zu Axel Springer.