Chemiekonzern stoppt Investitionen in energieintensive Anlagen in Deutschland

Der Chemiekonzern Covestro prüft weitere Einsparungsmöglichkeiten am Standort Deutschland. So müsse sich der Konzern laut Covestro-Vorstandschef Markus Steilemann an die sinkende industrielle Nachfrage in Europa anpassen. „Als Chemiekonzern, der viele Branchen beliefert, müssen wir uns darauf einstellen und uns auf jene Industrien konzentrieren, die in Europa überhaupt noch Bestand haben werden“, so Steilemann gegenüber WELT AM SONNTAG. Konkrete Pläne, Anlagen zu schließen, gebe es nicht. „Dazu ist es noch zu früh, denn ein solcher Schritt zieht vieles nach sich“, so Steilemann.

Zudem sagte Steilemann, dass Covestro in Deutschland künftig nicht mehr in energie- und rohstoffintensive Anlagen investieren werde. „Die Investitionen, die wir in Deutschland und Europa machen, dienen überwiegend nur noch der Instandhaltung“, so Steilemann. „Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass in Deutschland unsere Anlagen sicher und effizient betrieben werden. Aber wir werden hier nicht mehr in energie- und rohstoffintensive Anlagen investieren. Einfach weil diese Produkte in Europa nicht mehr wettbewerbsfähig hergestellt werden können“, sagte Steilemann.

Trotz der geplanten Übernahme von Covestro durch den Staatskonzern Adnoc aus Abu Dhabi rechnet Steilemann nicht damit, dass es zu einem Ausverkauf deutscher Industriekonzerne kommen wird. „Von einem Ausverkauf würde ich nicht sprechen. Deutschland hat weiterhin hervorragende Technologien und starke Unternehmen, die sich am Markt behaupten können.“ Auch Covestro werde nach vollzogener Übernahme „nicht verschwinden, sondern größer sein denn je“, so Steilemann.

Die frühere Bayer-Sparte ist das erste Dax-Unternehmen, das von einem arabischen Konzern übernommen wird. Falls die Kartellbehörden zustimmen, dürfte die Transaktion in der zweiten Jahreshälfte zum Abschluss kommen.

Kurz vor der bevorstehenden Neuwahl des Bundestags äußerte sich der Konzernchef und Präsident des Branchenverbandes VCI kritisch über die bisherigen Wahlprogramme der Parteien. „In weiten Teilen der Parteienlandschaft – Randparteien außerhalb des demokratischen Spektrums bleiben außen vor – gibt es viele gute Ansätze. Aber der Fokus liegt immer noch zu wenig auf echten Reformen. Alle setzen zaghaft gewisse Schwerpunkte, aber in Summe ist das alles zu wenig und zu langsam. Deutschland braucht eine Neuauflage der Agenda 2010, und zwar schnell“, sagte Steilemann.

Anja Ettel ist Korrespondentin für Wirtschaft und Finanzen in Frankfurt. Sie berichtet über die Pharma- und Chemieindustrie, Biotechnologie, Konjunktur und Geldpolitik. Sie ist außerdem Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.

Andreas Macho ist WELT-Wirtschaftsreporter in Berlin mit den Schwerpunkten Gesundheit und Bauwirtschaft.

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