Das Staatsoberhaupt schaltet sich in den Asylstreit ein. Und warnt deutlich wie nie vor der AfD.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69) hat sich für seine Worte einen besonderen Ort ausgesucht: Deutscher Bundestag, Gedenkstunde für die Opfer des Holocausts.

Am Ende seiner Rede zitiert Steinmeier Leo Weintraub (99), der das Nazi-Konzentrationslager Auschwitz nur knapp überlebt hat: „Nehmt die Feinde der Demokratie ernst!“

Steinmeier macht eine Pause. Dann setzt er erneut an: „Und ich wiederhole es hier im Deutschen Bundestag: Nehmt die Feinde der Demokratie ernst!“

Wieder schweigt das Staatsoberhaupt. Dann blickt er den Abgeordneten ins Gesicht, sagt: „Wir leben in einer Zeit der Entscheidung. Wir haben es in der Hand, das Errungene zu bewahren und unsere Demokratie zu schützen. Gehen wir nicht zurück in eine dunkle Zeit. Wir wissen es besser. Machen wir es besser!“

Steinmeiers Anspielungen

Den Namen AfD erwähnt er nicht. Aber die Abgeordneten können seine Warnung nicht missverstehen. Denn direkt im Anschluss an die Gedenkstunde streiten die Parlamentarier über die Asylkrise. Und CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (69) bringt einen Verschärfungsantrag ein, bei dem er die Stimmen der AfD in Kauf nimmt.

Steinmeier gehört zu den erfahrensten Politikern des Landes. Er weiß, dass alle seine Rede mit der Asyldebatte und der AfD in Verbindung setzen werden. Und hat sich nach BILD-Informationen sehr bewusst für diese Warnung entschieden.

Im Bundespräsidialamt wurde länger über die Rede diskutiert. Steinmeiers Mahnung balanciere auf der Grenze, was verfassungsrechtlich erlaubt sei, heißt es dort.

Denn: Eigentlich muss der Bundespräsident parteipolitisch neutral sein. Doch in seinem Amt verweisen Mitarbeiter auch darauf, dass das Staatsoberhaupt die Verfassung und Demokratie schützen müsse.

Steinmeier war am Sonntag nach Auschwitz gereist, hatte dort der Befreiung des Konzentrationslagers vor 80 Jahren gedacht. Diese Reise hat ihn bestärkt, sich so klar zu positionieren. Steinmeier heute im Bundestag: „Wenn wir heute die Shoa verdrängen, verharmlosen, vergessen, dann erschüttern wir damit das Fundament, auf dem unsere Demokratie gewachsen ist.“ Und mahnt: „Wer heute unsere Demokratie lächerlich macht, verachtet, angreift, der ebnet auch den Weg zu Hass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit.“