Autofahrer in Deutschland machen einen großen Bogen um Elektroautos. Das zeigen neue Statistiken der HUK Coburg, die sich aus den Daten des Versicherers ergeben.
Demnach sind im vergangenen Jahr deutlich weniger private Autonutzer vom Verbrenner auf einen E-Antrieb umgestiegen als in den drei Jahren zuvor. Gerade einmal vier Prozent der Versicherten haben 2024 beim Autowechsel den Umstieg auf ein E-Auto gewagt, Ende 2022 waren es dagegen fast sieben Prozent.
Grundlage der Erhebung sind die Daten von 13,9 Millionen bei der HUK versicherten Fahrzeugen, was fast einem Viertel der privaten Pkw entspricht.
Im Gegensatz zum Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) kann der Versicherer genaue Angaben zum Bestand von Fahrzeugen in privater Hand machen. Dabei zeigt sich, dass die Elektromobilität hauptsächlich im Bereich der Firmenwagen und in den Flotten von Unternehmen wächst.
Private Autofahrer sind dagegen sehr viel zurückhaltender als Firmenkunden. Insgesamt machen E-Autos unter den HUK-versicherten Wagen nur drei Prozent aus. Und das Wachstum dieses Bestandes ist zum Jahresende 2024 fast zum Erliegen gekommen.
Über die Gründe für den Einbruch des E-Auto-Marktes ist im vergangenen Jahr viel diskutiert worden. Das abrupte Ende der staatlichen Subventionen im Jahr 2023 wird immer genannt, der hohe Preis der Wagen und die noch schmale Modellpalette.
Wer E-Autos schon gefahren hat, sieht sie positiver
Eine Ursache scheint aber auch mangelnde Erfahrung zu sein. Das belegt eine repräsentative Umfrage von YouGov im Auftrag der HUK. Deren Ergebnisse zeigten, „dass Fahrer, die E-Autos kennen, diese Autos viel positiver sehen“, sagt Jörg Rheinländer, Vorstandsmitglied der Versicherung. HUK-COBURG. Der Schlüssel zu Akzeptanz und Verbreitung von Elektroautos hänge offenbar von der persönlichen Erfahrung ab.
Tatsächlich gaben 68 Prozent der befragten Führerscheinbesitzer an, dass sie noch nie selbst ein E-Auto gefahren seien, 30 Prozent haben das schon einmal getan (Rest: keine Angabe).
Vor allem Frauen und ältere Fahrer über 55 Jahren können selten über Erfahrungen am Steuer eines E-Autos berichten. Wer wenig Auto fährt, hat der Umfrage zufolge bisher meist auch keine Berührung mit der Elektromobilität gehabt.
Die Einstellungen in Bezug auf die Elektromobilität gehen zwischen diesen Gruppen sehr weit auseinander. So bewerten diejenigen ohne entsprechende Fahrerfahrung reine Elektroautos zu 52 Prozent als „weniger gut“ oder „gar nicht gut“.
Dagegen sagten 53 Prozent der Autofahrer, die es schon einmal ausprobiert haben, E-Autos seien „sehr gut“ oder „gut“. Deutlich entschiedener sind die Besitzer von E-Autos: Sie sind zu 82 Prozent von der Antriebsart überzeugt. An der Befragung nahmen 4131 Personen im vierten Quartal 2024 teil.
Trotz der schlechten Stimmung im vergangenen Jahr ist der Umfragewert zur Kaufabsicht zuletzt wieder deutlich gestiegen. Laut YouGov sagten 19 Prozent zum Jahresende, dass für sie bei der künftigen Anschaffung eines Autos nur noch reine E-Autos infrage kämen, das entspricht dem Wert von 2022. Im Jahr 2023 waren es nur 17 Prozent.
Zahl der angebotenen elektrischen Kleinwagen wächst
Experten erwarten für 2025 eine deutliche Erholung der E-Auto-Verkäufe. Ein Grund dafür ist der Druck, unter dem die Hersteller stehen: Sie müssen nun schärfere CO₂-Ziele der EU erfüllen und dazu deutlich mehr E-Autos verkaufen.
Außerdem wächst die Zahl der angebotenen Elektro-Modelle rapide. Kleinwagen wie der elektrische Renault 5, der Skoda Epiq oder der Hyundai Inster sollen die Elektromobilität endlich in den Massenmarkt bringen.
Ob das im Privatkunden-Markt gelingt, ist noch offen. Um schnelle Steigerungen zu erzielen, werden die Unternehmen versuchen, Verträge mit großen Flottenkunden abzuschließen.
Bei privaten Autofahrern dürften die Absatzchancen in Frankfurt/Main, Stuttgart und Münster am größten sein. Diese drei Orte kamen im vergangenen Jahr auf die höchsten Wechselquoten unter den 20 größten Städten in Deutschland.
Die wenigsten Wechsler vom Verbrenner aufs E-Auto gab es demnach in Leipzig, Bremen und Dresden. Allerdings liegen die Werte nicht weit auseinander: Frankfurt kam auf vier Prozent, Dresden auf 2,5 Prozent. Beide Anteile stehen für sehr kleine Gruppen von Autofahrern, die sich von einem Verbrenner verabschiedet haben.
Anders sieht es im Landkreis Starnberg aus, der laut HUK deutlich aus der Statistik heraussticht. Dort haben acht Prozent der Versicherten einen Verbrenner ab- und dafür ein E-Auto angemeldet. Die Versicherer erklären das mit der Wohnstruktur: Mehr Einfamilienhäuser erlauben auch eigene Ladesäulen. Außerdem ist Starnberg einer der reichsten Landkreise des Landes.
Bei den Bestandswerten gehen die Städte in der Versicherungsstatistik etwas weiter auseinander: Die meisten privaten E-Auto-Besitzer gibt es demnach in Stuttgart (3,9 Prozent), die wenigsten in Leipzig (1,6 Prozent). Weit vorn liegen Städte wie Münster, München, Bielefeld und Düsseldorf.
Auf den hinteren Plätzen vor Leipzig rangieren Duisburg, Bremen und Dresden. Das passt auch zu den Zahlen der KBA-Statistik. Diese kommt aber auf etwas höhere Werte – weil viele E-Autos noch immer Firmenwagen sind.
Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie.