„Am Himmel wird es enger“

Die Zahl der besonders späten Starts und Landungen am Hamburg Airport ist seit vielen Jahren ein beständiges Ärgernis in den umliegenden Stadtteilen. Der Flughafen in Fuhlsbüttel ist dicht umgeben von Siedlungsraum.

Der Regelbetrieb des Flughafens läuft von 6 Uhr bis 22 Uhr. Nach 22 Uhr müssen Fluggesellschaften erhöhte Entgelte für Starts und Landungen bezahlen, die bis zum Siebenfachen des Normalpreises betragen können. Sie kosten für ein Flugzeug etwa des weitverbreiteten Typs Airbus A320 1500 Euro bis rund 3000 Euro je Start oder Landung. Im Zeitraum von 23 bis 0 Uhr müssen die Airlines der Umweltbehörde zudem nachweisen, dass der Start oder die Landung des Flugzeugs unvermeidbar ist. Andernfalls droht ein Ordnungsgeld. Für die Zeit nach 0 Uhr muss jeder Start und jede Landung bei der Umweltbehörde angemeldet werden, um eine kostenpflichtige Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Katastrophen-, medizinische Hilfsleistungs-, Such-, Rettungs- und polizeiliche Einsätze sind von den Nachtflugbeschränkungen ausgenommen.

Im vergangenen Jahr war die Zahl der Starts und Landungen zwischen 23 und 0 Uhr auf 908 wieder deutlich gestiegen, von 809 im Jahr 2023. Das teilte die Umweltbehörde diese Woche mit. Im bisherigen Rekordjahr 2018 waren allerdings 1174 Spätflüge am Hamburg Airport registriert worden.

Die Gesamtzahl der Starts und Landungen war 2024 auf 127.000 Flugbewegungen gestiegen, teilte Hamburg Airport diese Woche mit. 2023 waren es 120.300 Starts und Landungen, im bisherigen Rekordjahr 2019 verzeichnete der Hamburger Flughafen rund 155.200 Flugbewegungen. Die Zahl der Passagiere war 2024 um im Vergleich zum Vorjahr neun Prozent auf 14,83 Millionen gestiegen. Im Rekordjahr 2019 – unmittelbar vor der Pandemie – waren rund 17,3 Millionen Menschen von und nach Hamburg geflogen.

Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) verteidigt den intensiven und wieder zunehmenden Flugbetrieb. „Hamburg ist ein Stadtflughafen, das bringt gewisse Spannungsfelder mit sich, und das müssen wir aushalten“, sagte sie am Freitag nach einem Besuch im Tower des Flughafens bei der bundeseigenen Deutschen Flugsicherung (DFS). Für die Wirtschaft, den Wissenschaftsstandort und für den Tourismus in Hamburg sei ein leistungsfähiger Flughafen unverzichtbar, zudem sei Hamburg Airport, das mehrheitlich der Stadt gehört, ein wichtiger Arbeitgeber: „Der Flughafen ist auch für sich genommen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit allein über 6000 Beschäftigten am und um den Flughafen.“

Leonhard schloss sich der Argumentation von DFS an, dass der Krieg in der Ukraine ein wesentlicher Faktor für verspätete Flüge im europäischen Luftraum sei. Seit Beginn des Krieges dürfen und wollen die Airlines Russland, die Ukraine, Weißrussland und Moldawien in der Regel nicht mehr überfliegen und nehmen bei Flügen in Richtung Osten stattdessen Umwege etwa über den Balkan. „Am Himmel wird es enger“, sagte Leonhard. Auch Manöver der Nato-Luftwaffen wie 2023 etwa „Air Defender“ wirkten sich auf den zivilen Flugverkehr aus.

Gestört würden die Abläufe im europäischen Luftverkehr auch durch eine Zunahme von Starkwetter wie etwa von Gewitterfronten, sagte Leonhard. Üblicherweise setzen sich Verspätungen einzelner Flüge über den Tag hinweg durch das vernetzte Liniensystem der Fluggesellschaften fort. Hamburg, das kein Luftdrehkreuz sei, sondern ein „peripherer Flughafen“, könne solche Verspätungen kaum ausgleichen: „Die Deutsche Flugsicherung arbeitet mit neuen Konzepten daran, mit solchen komplexen Situationen möglichst flexibel umgehen zu können.“

Bei den Faktoren, die der Flughafen selbst beeinflussen könne – vor allem bei der Abfertigung der Passagiere und des Gepäcks – habe Hamburg Airport in den vergangenen Jahren „erheblich investiert“ und die Qualität verbessert, sagte Leonhard. Allerdings sei der Flughafen auch künftig auf eine enge und gute Kooperation mit dem Bund sowohl bei den Sicherheitskontrollen am Boden wie auch bei der Flugsicherung angewiesen: „Ich wünsche mir vom Bund, dass wie die gute Entwicklung der vergangenen Jahre gemeinsam fortsetzen.“

Immerhin: Die Zahl der Fluglärmbeschwerden war nach Information der Umweltbehörde im Jahr 2024 auf insgesamt rund 24.500 zurückgegangen – für das Jahr 2023 hatte die Behörde rund 39.000 Beschwerden registriert.

Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Die Luftfahrt zählt zu seinen Schwerpunktthemen.