Auftakt für den Winterwahlkampf von SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz (66)! Der Kanzler startete seinen Marathonlauf gegen miserable Umfragewerte ausgerechnet in der Höhle des Partei-Löwen – in NRW. Hier, wo die Signale für ein Umschwenken auf Boris Pistorius (64) als Spitzenkandidat im November besonders lautstark ausgefallen waren.
Wahlkampf-Hotspot NRW – und dass trotz miserabler Umfragewerte der NRW-SPD von nur noch 18 Prozent im einstigen Stammland, in dem man früher absolute Mehrheiten geholt hatte. Scholz setzt trotzdem auf den Wahlkampf in der „Höhle der Löwen“ an Rhein und Ruhr: am Montagvormittag in Bielefeld, nachmittags in Lünen, abends in Münster. Am 4. Februar tourt er ins Ruhrgebiet, Wahlkampf-Abschluss soll in Köln und Dortmund sein.
Auftritt in Ex-Herzkammer
„Ohne NRW funktioniert das nicht bei der Bundestagswahl“, sagte auch Benedikt Cordes (37), Generalsekretär der NRW-SPD. Immerhin gehören dem Landesverband in der früheren „Herzkammer“ der SPD noch rund 89.000 Mitglieder an.
Im Hansesaal der 87.000-Einwohner–Stadt Lünen war um 16.30 Uhr denn auch von Skepsis oder Rebellion nichts zu spüren. Die 450 Gäste hatten lange in der Kälte angestanden, klatschten dem Kanzler begeistert zu, als Scholz pünktlich ankam.
Was die Bürger in Lünen u. a. von Scholz wissen wollten:
► Welche drei Dinge würden Sie anders machen? Scholz überlegte kurz, nannte dann zwei Punkte zum Ampel-Aus und seiner Amtszeit: „Man muss den letzten Schritt auch rechtzeitig gehen können, das hätte ich vielleicht etwas früher machen sollen.“ Sein Lernprozess: „Dass man auch vorher ein bisschen öffentlich klarstellt, was man eigentlich will. Am Ende müssen ja alle nachvollziehen können, was passiert….“
Warnung vor „Kratern im Haushalt“
► Was tun gegen Orientierungslosigkeit und fehlende Zuversicht? Da schaltet Scholz in den Wahlkampfmodus, warnt vor „Milliarden schweren Steuersenkungen für ganz wenige Leute“ die die Union plane. „Jeder weiß, dass sich das nicht von selbst finanziert.“ Die Wähler sollten vorsichtig sein: „Die meinen das ernst mit den Kratern im Haushalt, die sagen nicht, wer die Zeche zahlt.“ Wichtig seien mehr Wachstum und dass man sich auf die Rente verlassen könne.
► Wie wollen Sie die Demokratie stärken? Scholz merkt an, dass ausgerechnet in den reichsten Ländern der Welt die Stimmung am schlechtesten sei. Scholz: „Ich ärgere mich über Umfragewerte für die AfD. Das ist aber keine Mehrheit, sondern eine Minderheit.“
► Fehlende Weitsicht? Den Schuh wollte sich der Kanzler nicht anziehen. „Ich bin ja erst drei Jahre im Amt und nicht 30.“ In den letzten 20 Jahren seien immer nur neue Ziele beschlossen worden – und dann nichts gemacht worden.