Dieser Beamer liefert Kinogefühl fürs Wohnzimmer – hat aber eine lästige Schwäche

Warum der Hersteller ETOE seinen Flaggschiff-Projektor nach einer Seerobbe benannt hat, weiß man nicht genau. Vermutlich, weil der Seal Pro im Anthrazit-Design eine ähnliche Farbe hat. Ansonsten verlangt jede Assoziation mit dem Tier schon sehr viel Fantasie. Im Test brachte der Projektor zuverlässige Ergebnisse, zeigte aber auch einige Schwächen.

Projektoren haben im Vergleich zu Fernsehern einen großen Vorteil: Sie hinterlassen kein hässliches schwarzes Loch im Wohnzimmer, wenn sie ausgeschaltet sind. Außerdem lässt sich – anders als bei TV-Geräten – die Bildgröße variieren. Beim Seal Pro ist je nach Abstand eine Bilddiagonale von einem bis zu fünf Meter möglich. Das reicht allemal für ein Kinogefühl.

Wir waren mit der Darstellungsschärfe äußerst zufrieden. Der Projektor schafft eine Full-HD-Auflösung und zeigt dabei noch lebendige Farben an. Das funktioniert aber nur in abgedunkelten Räumen, oder eben, wenn die Sonne schon untergegangen ist. Zwar nennt ETOE für das Gerät eine Lichtstärke von 1000 ANSI-Lumen, was für einen Projektor nicht überragend, aber schon ganz in Ordnung ist. Doch bei Tageslicht betrachtet, ist das Bild des Seal Pro ein wenig zu blass für seine Lichtstärke.

Gefallen haben zwei Funktionen: Zum einen stellt der Projektor seinen Fokus innerhalb von knapp zwei Sekunden automatisch und zuverlässig ein. Und er schafft eine ordentliche Trapezkorrektur. Stellt man ihn etwas schräg zur Wand auf, wird das Bild zu einem Rechteck ausgeglichen. Das geht allerdings etwas auf die Bildqualität, insbesondere an den Rändern. Wenn man nicht übertreibt, kann man damit aber gut leben. Der Standort des Projektors muss aber nicht die Bildgröße vorgeben, weil es noch einen Zoom gibt, mit dem man das Bild an die Größe einer Leinwand anpassen kann, ohne den Abstand zum Gerät zu verändern. Mit einem großen Henkel kann der knapp 3,2 Kilogramm schwere Projektor auch schnell an einen anderen Ort gestellt werden.

Die Lebensdauer seiner LED-Lichtquelle gibt ETOE mit 30.000 Stunden an. Die Lichteinheit ist versiegelt, sodass kein Staub und auch keine Feuchtigkeit eindringen kann. Leider haben Projektoren im Vergleich zu Fernsehern einen wesentlichen Nachteil: Sie brauchen einen Lüfter für die aktive Kühlung. Beim Seal Pro hört man ihn deutlich, zumindest bei ruhigen Filmszenen. Aber man gewöhnt sich daran, weil meist der Ton aus den beiden verbauten Zehn-Watt-Stereo-Lautsprechern das Geräusch übertönt.

Der Ton ist zwar ordentlich, aber nicht überragend. Uns fehlten – trotz Dolby-Audio-Zertifizierung – vor allem etwas stärkere Bässe. Es ist grundsätzlich eine gute Idee, hier mit einem kräftigeren Bluetooth-Lautsprecher zu arbeiten, der sich mit dem Projektor verbinden lässt. Vor allem dann, wenn das Gerät seitlich versetzt steht, denn Menschen sind es gewohnt, dass der Ton aus der Richtung des Bildes kommt. Alternativ gibt es an der Rückseite des Seal Pro auch einen Audioausgang, an dem Lautsprecher oder Kopfhörer mit einem Kabel angeschlossen werden können.

Wer den Projektor das erste Mal in Betrieb nimmt, wird sich an die Benutzeroberfläche eines Smart-TV erinnert fühlen. Das liegt daran, dass Google TV darauf läuft. Die Menüs sind aufgeräumt und es gibt Zugang zu einem App-Store mit großer Auswahl von Streaming-Diensten und Mediatheken. Einige Anwendungen, darunter auch Netflix und Prime Video, sind bereits vorinstalliert. Der Projektor wird bei der ersten Einrichtung mit dem WLAN verbunden, sodass Inhalte auch gestreamt werden können. Solange wir im Test auf Streaming-Inhalte zugriffen, hatten wir keine Probleme.

Das änderte sich in dem Moment, in dem wir einen USB-Stick in der Rückseite des Seal Pro steckten. Denn dann wird man leider vom Gerät allein gelassen. Einige unserer Speichersticks wurden gar nicht erst erkannt. Wir haben verschiedene Formatierungen ausprobiert. Über eine Taste auf der Fernbedienung kann die Quelle gewechselt werden. Hier standen für uns aber immer nur ein HDMI-Anschluss für Computer oder andere Eingabegeräte zur Auswahl und eben die Google-TV-Startseite. Der USB-Eingang wurde hier ignoriert. Erst nachdem wir aus dem App-Store den VLC-Mediaplayer installiert hatten, konnten wir nach einigen Anläufen auf die Inhalte des USB-Sticks zugreifen. Ein solches Ausprobieren ist Nutzern eigentlich nicht zuzumuten.

Über Chromecast kann man auch drahtlos von anderen Geräten wie einem Smartphone oder Tablet Streaminginhalte an den Projektor übergeben. Das funktioniert aber nur, wenn Anwendungen wie YouTube die Chromecast-Funktion unterstützen. Drahtlos projizieren und den Bildschirm spiegeln, wie man es von Apples AirPlay oder von Miracast für Android kennt, konnten wir nicht. Dabei hätten wir gern auf dem Smartphone ein Auto-Rennspiel gesteuert und es auf der großen Leinwand betrachtet.

Die Fernbedienung funktioniert übrigens sowohl über Infrarot als auch über Bluetooth. Für Projektoren ist das eine gute Lösung, weil man die Fernbedienung meistens auf das Bild und nicht auf den Projektor richtet. Sie hat auch drei Schnellfunktionstasten, mit denen man direkt bei Netflix, Prime Video und YouTube landet. Eine Mikrofon-Taste ruft den Google Assistant auf, der nicht nur Filminhalte findet, sondern auch Fragen beantworten kann.

Fazit: ETOE hat mit dem Seal Pro einen unkomplizierten Projektor vorgelegt, der mit seiner Goolge-TV-Oberfläche vor allem für das Streaming gedacht ist. In einem abgedunkelten Raum kommt hier schnell ein Kinogefühl auf, bei Tageslicht aber sollte man das Gerät besser auslassen. Wer einen vollen Sound wünscht, sollte das Modell mit einem externen Lautsprecher komplettieren. Der ETOE Seal Pro kostet 359 Euro.

Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.