Diese Bildungskrise trifft die Allerjüngsten. Und sie bereitet inzwischen auch dem Ausland Sorgen!

„Die deutsche Kita-Krise lässt Eltern und Unternehmen im Stich“, titelt die weltweit renommierte britische Zeitung „Financial Times“ (FT) und warnt: „Der Mangel an qualifizierten Fachkräften im Bereich der Kinderbetreuung in der größten Volkswirtschaft der EU führt zu Überfüllungen in Kitas, Not-Schließungen und einem Mangel an verfügbaren Plätzen – mit weitreichenden Konsequenzen für Familien, Unternehmen und den Arbeitsmarkt.“

„Die Situation war noch nie so alarmierend“, zitiert das Blatt die Bildungsexpertin Rahel Dreyer: „Ich erlebe es täglich in Gesprächen mit Fachkräften, mit Eltern, die völlig am Ende sind, und mit Kindern, die von zu großen Gruppen erschöpft sind.“

Ein Erzieher soll 60 Kinder betreuen

Die staatlichen Ausgaben für die Kinderbetreuung (46 Milliarden Euro im Jahr 2023) seien zwar in den vergangenen 15 Jahren erheblich gestiegen und entsprächen inzwischen rund 1,2 Prozent der deutschen Wirtschaftskraft – im Vergleich zu etwa 0,7 Prozent im Jahr 2009. Doch trotz der sinkenden Geburtenrate in Deutschland wachse die Nachfrage nach zusätzlichen Plätzen, da immer mehr Mütter nach der Geburt von Kindern wieder in den Arbeitsmarkt zurückkehrten.

„Die Erhöhung der Anzahl der Kita-Plätze und die damit verbundenen Ausgaben reichen bei weitem nicht aus, um der Nachfrage gerecht zu werden“, so Stefan Sell, Professor für Wirtschaft und Sozialpolitik an der Hochschule Koblenz, gegenüber der FT: „Wir brauchen noch mehr Erzieher, aber die werden immer seltener.“ Bundesweit gebe es fast 900.000 ausgebildete Fachkräfte in der Kinderbetreuung, aber etwa 125.000 Stellen seien unbesetzt.

Folge: Im besonders betroffenen Bundesland Nordrhein-Westfalen wurde der Betreuungsschlüssel zu Notzeiten heraufgesetzt. Eine einzige ausgebildete Tagespflegekraft darf dann bis zu 60 Kinder betreuen – vorausgesetzt, sie hat Unterstützung von anderen Fachkräften wie Musikern, Gärtnern oder Handwerkern.

Kita-Betreuer sind extrem oft krank

„Diejenigen, die in der Kinderbetreuung arbeiten, haben einen der höchsten Krankheitsstände in Deutschland: 30 Krankheitstage pro Jahr im Vergleich zu 20 im nationalen Durchschnitt“, beklagt das Blatt. „Infolgedessen geben Kitas regelmäßig verkürzte Öffnungszeiten oder sogar kurzfristige Schließungen bekannt, was Kinder, Eltern und deren Arbeitgeber im Stich lässt.“

Die Mängel im deutschen Kitasystem hätten damit „Folgen für Kinder, Eltern, Fachkräfte und letztlich die Gesellschaft insgesamt“, so Bildungsexpertin Rahel Dreyer: „Wenn wir nicht sicherstellen, dass jedes Kind seinen Platz in der Gesellschaft findet, wird der Wohlstand und der Zusammenhalt leiden.“