Nato-Generalsekretär verteidigt den Bundeskanzler

Nato-Generalsekretär Mark Rutte hält die zum Teil deutliche Kritik des
ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für ungerechtfertigt. „Ich habe Selenskyj oft gesagt, dass
er aufhören soll, Olaf Scholz zu kritisieren, denn ich halte das für
unfair“, sagte Rutte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.

Was
Scholz für die Ukraine getan habe, sei beeindruckend. Er habe mit dafür
gesorgt, dass Deutschland nach den USA an zweiter Stelle bei der
militärischen Unterstützung der Ukraine stehe. Das sei ein Verdienst,
für den auch die Regierung in Kyjiw dankbar sein könne.

Rutte würde Taurus liefern

Zugleich
machte Rutte deutlich, dass er der Ukraine im Gegensatz zu Scholz auch
Taurus-Marschflugkörper liefern und auch keine Einschränkungen bei
der Nutzung machen würde. „Ganz allgemein wissen wir, dass solche
Fähigkeiten für die Ukraine sehr wichtig sind“, sagte der frühere
niederländische Ministerpräsident. Es sei aber nicht an ihm zu
entscheiden, was Alliierte liefern sollten.

Selenskyj hatte
Scholz zuletzt unter anderem dafür kritisiert, gegen seinen Willen mit
Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert
zu haben. Immer wieder
äußerte er auch öffentlich Unverständnis für das Nein des Kanzlers zur
Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.

Druck von Donald Trump

In der Debatte um die
vergleichsweise niedrigen Verteidigungsausgaben von europäischen
Bündnisstaaten wie Deutschland rechnet Rutte mit neuem Druck durch den künftigen
US-Präsidenten Donald Trump. „Er wird wollen, dass wir mehr tun“, sagte
Rutte.

Insgesamt
gesehen investierten die europäischen Alliierten mittlerweile zwar mehr
als zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Verteidigung. In
vier bis fünf Jahren werde man aber ein Problem mit der Abschreckung
gegen Russland bekommen, wenn nicht mehr ausgegeben würde.

Neues Ziel für Verteidigungsausgaben?

Ob
er eine Erhöhung des Nato-Ziels für die Verteidigungsausgaben auf drei
Prozent des BIP oder noch mehr für sinnvoll hält, sagte Rutte nicht.
Eine Entscheidung dazu soll bis zum Nato-Gipfel im kommenden Juni
fallen. Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, dass er eine Erhöhung des
Nato-Ziels auf drei Prozent des BIP für geboten hält. Zuletzt hatte es
Berichte gegeben, dass Trump sogar fünf Prozent fordern könnte.

Aus
Sicht des Republikaners tun die europäischen Partner deutlich zu wenig
für die Verteidigung und verlassen sich zu sehr auf den Schutz der USA.
In seiner ersten Amtszeit hatte Trump deswegen sogar mit einem
Nato-Austritt gedroht.

Deutschland hat seine
Verteidigungsausgaben zuletzt enorm gesteigert, wird aber dennoch in
diesem Jahr gerade einmal auf eine BIP-Quote von etwa 2,1 Prozent
kommen. Die USA liegen hingegen kontinuierlich bei Ausgaben von deutlich
mehr als drei Prozent des BIP. Das aktuelle Nato-Ziel sieht vor, dass
die Bündnisstaaten mindestens zwei Prozent ihres BIP in Verteidigung
investieren.

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