„Die deutsche Wirtschaft steckt fest“ – Ifo-Institut senkt Konjunkturprognose auf null

Das Ifo-Institut hat seine Wachstumsprognose für dieses Jahr zurückgenommen und rechnet nun mit null Wirtschaftswachstum und steigender Arbeitslosigkeit. Die Münchner Wirtschaftsforscher korrigierten ihre Prognose vom Sommer auch für nächstes Jahr nach unten. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser sagt: „Die deutsche Wirtschaft steckt fest“, während „andere Länder den Aufwind spüren“. Das liege nicht nur an der Konjunktur: „Wir haben eine strukturelle Krise.“

Vor allem in der Industrie werde zu wenig investiert, die Produktivität trete schon seit Jahren auf der Stelle, sagt der Münchner Professor. Außerdem gebe es auch eine konjunkturelle Krise. „Die Auftragslage ist schlecht, und die Kaufkraftgewinne führen nicht zu steigendem Konsum, sondern zu höherer Ersparnis, weil die Leute verunsichert sind.“

Das Baugewerbe dürfte dieses Jahr um 3,1 Prozent schrumpfen, die Industrie um 2,0 Prozent. Die Sparquote liege bei nunmehr 11,3 Prozent und damit deutlich über dem Zehnjahresschnitt von 10,1 Prozent vor der Corona-Pandemie.

Ein Lichtblick ist die Inflationsrate

Im vergangenen Jahr ist die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft. Nach der erwarteten Stagnation im laufenden Jahr statt der zuletzt prognostizierten Zunahme um 0,4 Prozent erwartet das Ifo-Institut nächstes Jahr 0,9 Prozent Wachstum statt bisher 1,5 Prozent. Die Arbeitslosenquote dürfte von 5,7 Prozent im vergangenen Jahr auf 6,0 Prozent in diesem Jahr steigen, nächstes Jahr dann auf 5,8 Prozent sinken.

Die Bevölkerung altere schneller, immer weniger Menschen seien in Arbeit. „Verschiebungen vom Industrie- zum Dienstleistungssektor erklären größtenteils den Produktivitätsstillstand der vergangenen Jahre“, sagt Wollmershäuser. „Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Corona-Pandemie, Energiepreisschock und eine veränderte Rolle Chinas in der Weltwirtschaft setzen etablierte Geschäftsmodelle unter Druck und zwingen Unternehmen, ihre Produktionsstrukturen anzupassen“, führte er weiter aus.

Ein Lichtblick sei die Inflationsrate: Sie gehe zurück von 5,9 Prozent im vergangenen Jahr auf 2,2 Prozent in diesem und 2,0 Prozent im nächsten Jahr. Das Defizit im Staatshaushalt dürfte in diesem Jahr 2,0 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen und nächstes Jahr auf 1,3 Prozent zurückgehen.

Erst im Juni hatte das Ifo-Institut seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland im laufenden Jahr von 0,2 auf 0,4 Prozent angehoben. Begründung damals: Die Kaufkraft der privaten Haushalte steige, der Export dürfte anziehen. Auch bei der Zahl der Arbeitslosen waren die Forscher optimistischer gewesen, sie rechneten mit einem Anstieg von 2,6 auf 2,7 Millionen und einer Quote von nur 5,9 Prozent.