Kann sie den türkischen Vormarsch in Syrien stoppen? Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) traf heute in Ankara mit ihrem türkischen Amtskollegen Fidan zusammen, um über die Lage zu beraten.

Nach dem Sturz des langjährigen Diktators Baschar al-Assad (59) ist Norden des Landes immer noch Kampfgebiet. Von der Türkei unterstützte Milizen greifen die mehrheitlich kurdischen „Syrischen Demokratischen Kräfte“ (SDF) an – trotz einer durch die USA vermittelten Waffenruhe.

„Während in Damaskus, Aleppo und Homs nach der Flucht des Massenmörders Assad Tausende auf den Straßen tanzen, halten die Menschen in Kobane nach einem ersten Aufatmen schon wieder die Luft an. Sie fürchten neue Gewalt“, erklärte Baerbock vor der Reise.

Türkische „Sicherheitszone“

Seit die Türkei 2016 in Nordsyrien mit eigenen Truppen intervenierte, hat sie in Nordsyrien mehrere „Sicherheitszonen“ errichtet. In diesen Grenzgebieten leistet die Türkei zwar den Wiederaufbau der Infrastruktur, hat jedoch auch Tausende – vorrangig kurdische – Einwohner vertrieben.

Dabei setzt Ankara auf die sogenannte Syrische Nationale Armee (SNA), ein Bündnis verschiedener Milizen, die früher gegen das Assad-Regime kämpften, sich dann jedoch dem Befehl der Türkei unterstellten, um den Kampf gegen die SDF zu führen.

Auch an der von HTS geführten Offensive, die zum Sturz des Assad-Regimes führte, beteiligte sich die SNA nur sporadisch: Ihre Vorstöße zielten auf die von der SDF gehaltenen Orte. Dabei verübten SNA-Kämpfer mehrfach schwere Kriegsverbrechen, unter anderem wurden Verwundete ermordet.

Nach dem Abzug der SDF aus der Stadt Manbidsch und der Einnahme durch die SNA wandten sich Einwohner in einem offenen Brief an die HTS-Miliz und baten diese um Schutz vor den Übergriffen und Plünderungen durch die SNA.

Gebrochene Waffenruhe

Offiziell gilt in Nordsyrien eine durch die USA vermittelte Waffenruhe zwischen der Türkei und SNA einerseits sowie der SDF auf der anderen Seite.

Dennoch griffen türkische Armee und SNA weiterhin SDF-Stützpunkte östlich des Euphrat an, darunter auch nahe der Grenzstadt Kobane – obwohl in der Nähe auch US-Truppen im Einsatz sind.

Ob Baerbock mit ihren Mahnungen in Ankara Erfolg hat, darf bezweifelt werden: Der türkische Präsident Erdogan kündigte an, Syrien müsse von allen Terrorgruppen befreit werden, worunter neben dem IS auch die PKK zähle, deren syrischer Ableger maßgeblich innerhalb der SDF ist.